Ein Freiburger Staatsanwalt ließ Akten einfach liegen, Straftäter kamen deshalb davon. Nun ist der Jurist verurteilt worden. Der sich im bezahlten Urlaub befindliche Mann muss zusätzlich dienstrechtliche Konsequenzen fürchten.
Wegen unbearbeiteter Akten ist ein Staatsanwalt in Freiburg zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden. Der 55 Jahre alte Jurist habe sich in sechs Fällen der Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht, entschied das Landgericht (LG) Freiburg am Donnerstag (Urt. v. 25.02.2016, Az. 2 KLs 270 Js 21058/12).
Er habe Akten nicht bearbeitet und Ermittlungsverfahren mit Absicht unerledigt gelassen. Straftäter konnten daher juristisch nicht belangt werden. Der Beamte hatte die Vorwürfe eingeräumt. Als Grund gab er Überlastung an. Seit dem Bekanntwerden im Juni 2012 ist er bei vollen Bezügen vom Dienst beurlaubt. Es droht ihm nun der Entzug des Beamtenstatus.
Der Staatsanwalt habe nicht korrekt gearbeitet und sei seiner Pflicht der Strafverfolgung nicht nachgekommen, sagte der Vorsitzende Richter. Die Fälle, um die es ging, seien eindeutig gewesen. Straftäter hätten belangt werden können und müssen. Dies habe der Jurist, der seit 1992 als Staatsanwalt tätig ist, aber nicht getan.
Aufgaben bewusst nicht erfüllt
Die Aufgabe, die der Staat ihm mit dem Amt übertragen habe, habe er bewusst nicht erfüllt, so das Gericht. Eine chronische Überarbeitung des Juristen, die dieser geltend machte, habe das Gericht in dem drei Monate dauernden Prozess geprüft, sagte der Richter, aber nicht bestätigen können. Auch eine psychiatrische Erkrankung des Mannes gebe es nicht, was ebenso ein Sachverständiger bestätigt habe.
Zwei der insgesamt sechs Fälle, die der Jurist hatte liegen lassen, seien durch die Schuld des Staatsanwaltes verjährt. Zwei Straftäter, deren Schuld zweifelsfrei belegt sei und die auch gestanden hatten, könnten deshalb nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. In den übrigen vier Fällen sei eine Verurteilung der Täter noch gelungen. Durch die lange Verfahrensdauer seien die Urteile aber milder ausgefallen. Es ging dabei um Ermittlungsverfahren unter anderem wegen Betrugs, versuchten Totschlags, Körperverletzung und sexuellen Missbrauchs in der Zeit von 2005 und 2012.
Mit dem Strafmaß orientierte sich das Gericht an der Forderung der Anklage. Sie hatte eineinhalb Jahre Haft auf Bewährung gefordert, dazu 6.000 Euro Geldstrafe. Die Verteidigung hatte hingegen auf Freispruch plädiert, nun wird das bereits in Gang gesetzte Disziplinarverfahren fortgesetzt. Die Ermittlungen gegen den Juristen hatte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe geführt, damit Freiburger Ermittler nicht gegen ihren eigenen Kollegen vorgehen müssen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Akten liegen gelassen: . In: Legal Tribune Online, 25.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18598 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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