Nach dem Einsatz der Polizei vor einem Spiel der Frankfurter Eintracht in der Europa-League muss das Land Hessen einem Fan ein Schmerzensgeld zahlen, weil ihn Beamte bei der Beschlagnahmung eines Banners über die Bande im Innenraum stießen.
Gut ein Jahr nach einem umstrittenen Polizeieinsatz vor dem Europa-League-Spiel von Eintracht Frankfurt gegen Schachtjor Donezk hat das Landgericht (LG) Frankfurt am Main am Mittwoch einem Anhänger des hessischen Fußball-Bundesligisten 7.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadensersatz zugesprochen. Das Gericht gab damit einer Klage gegen das Land Hessen statt (Urt. v. 26.02.2020, Az. 2-04 O 289/19).
Der Fußballfan war von Polizeibeamten bei der Partie im Februar vergangenen Jahres in Frankfurt so unglücklich gestoßen worden, dass er bei einem Sturz einen Lendenwirbelbruch erlitten hatte. Zuvor hatte es Auseinandersetzungen um ein von den Anhängern ausgelegtes Transparent gegeben, mit dem der hessische Innenminister Peter Beuth angegriffen worden war.
Die Frankfurt-Fans hatten an diesem Abend eine Choreographie vorbereitet und dafür vor Spielbeginn im Innenraum zwischen dem Spielfeld und der eigenen Heimtribüne das mehrere Meter lange Banner ausgelegt. Als die Polizei das Transparent beschlagnahmen wollte, sei ihnen nach Gerichtsgaben der später verletzte Eintracht-Fan aggressiv entgegengetreten und habe versucht, den Einsatz verhindern, indem er einem Polizisten ein Bein stellte und nach dem Banner griff. Ein erster Beamter habe den Anhänger daraufhin in Richtung der Bande am Spielfeldrand geschubst. Zwei weitere Polizeibeamte seien dann später an ihn heran getreten und hätten ihn über die Bande gestoßen.
LG: Von dem Fan ging keine Gefahr mehr aus
Das LG Frankfurt hat nun entschieden, dass die beiden Polizeibeamten gegen ihre Amtspflichten verstoßen haben, als sie den Mann über die Bande stießen. Die für Amtshaftungssachen zuständige Kammer zeigte sich nach Zeugenaussagen, Polizeiberichten und Videoaufnahmen davon überzeugt, dass von dem Eintracht-Anhänger keine Gefahr mehr ausging, als er nach dem Stoß des ersten Beamten an der Bande stand. Der Fan habe danach die Polizei weder behindert, das Banner mitzunehmen, noch damit gedroht, die Beamten anzugreifen, erklärte das Gericht.
Dies hätten die angeklagten Beamten auch aus ihrer Perspektive erkennen können, zumal der erste Polizist dem Mann bereits den Rücken zugekehrt habe und weitergegangen sei und der Anhänger ohne weitere Regungen an der Bande stehen geblieben sei, so die Kammer. Ob die Polizeibeamten aus ihrer subjektiven Sichtweise davon ausgingen, von ihm drohe eine weitere Gefahr, sei für den Amtshaftungsanspruch unbeachtlich, weil es maßgeblich sei, wie ein gewissenhafter, besonnener und sachkundiger Amtswalter die Sachlage zum Zeitpunkt des polizeilichen Handelns eingeschätzt hätte.
Das Land Hessen muss dem Mann nun neben einem Schadensersatz in niedriger dreistelliger Höhe ein Schmerzensgeld von 7.000 Euro zahlen. Der Frankfurt-Fan musste wegen seiner Lendenwirbelfraktur sechs Tage im Krankenhaus behandelt werden und war sechs Wochen arbeitsunfähig.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Nach Polizeieinsatz beim Eintracht-Spiel: . In: Legal Tribune Online, 26.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40493 (abgerufen am: 04.10.2024 )
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