LG Düsseldorf weist Tchibos Klage ab: Aldi Süd darf Kaffee billig ver­kaufen

17.01.2025

Tchibo ist der Meinung, dass Aldi Süd seinen Kaffee zu billig anbietet. So könnten andere Marktteilnehmer verdrängt werden. Das LG Düsseldorf ist jedoch anderer Meinung: Das Verhalten von Aldi Süd sei kaufmännisch durchkalkuliert.

Aldi Süd bietet seinen Kaffee nicht zu billig an. Dieser Meinung war das Unternehmen Tchibo, das gegen Aldi Süd vor das Landgericht (LG) Düsseldorf zog – ohne Erfolg. Das LG wies die Unterlassungsklage ab (Urt. v. 16.01.2025, Az. 14 d O 14/24). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Tchibo hatte Aldi Süd vorgeworfen, seit Ende 2023 regelmäßig Kaffees seiner Eigenmarke "Barissimo" unter Einstandspreis und damit zu billig angeboten zu haben. Dies schade dem Wettbewerb und den Verbrauchern. Tchibo wollte dem Discounter gerichtlich verbieten lassen, den Kaffee so günstig zu verkaufen.

Aus Sicht des Gerichts ist die Klage allerdings unbegründet. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch stehe Tchibo weder aus § 33 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i. V. m. § 20 Abs. 3 S. 1 GWB noch aus § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) i. V. m. § 3 Abs. 1 UWG zu, so eine Gerichtssprecherin gegenüber LTO.

Kaufmännisch vertretbare Strategie

Eine Verdrängungsabsicht von Aldi Süd gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern auf dem Markt für Kaffeeprodukte könne nicht festgestellt werden, so das Gericht. Die Preisgestaltung beruhe auf einer kaufmännisch vertretbaren Kalkulation. Die Strategie hinter der Preisgestaltung verfolgt den "dauerhaften, nachvollziehbaren Zweck der Förderung des eigenen Absatzes im Rahmen einer Mischkalkulation", so das Gericht in seiner Begründung. Es sei gerade nicht ersichtlich, dass Aldi Süd eine kaufmännisch eigentlich unvertretbare, nur kurz bis mittelfristig durchzuhaltende Strategie einsetze, mit der das Unternehmen zeitweise Verluste in Kauf nehme, um kleine und mittlere Wettbewerber von dem Markt für Kaffeeprodukte zu verdrängen, nur um anschließend die Preise wieder anheben zu können.

Laut Entscheidungsbegründung verspricht eine solche Strategie auch keinen Erfolg. Denn zum einen bestünden Preiserhöhungsspielräume nur dann, wenn es auf einem Markt erhebliche Marktzutrittsbarrieren gibt. Davon sei bei dem Markt für Kaffeeprodukte nicht auszugehen. Zum anderen finde der Preiswettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel primär zwischen den großen Unternehmen aus der Spitzengruppe statt. Da größere Mitbewerber den Preiskampf zur Not mitgehen könnten, sei nicht zu erwarten, dass Aldi Süd viele Spielraum bei der Preisgestaltung habe.

Aldi Süd begrüßte die Entscheidung. Tchibo will das Urteil prüfen. "Wir werden unsere Position im Zweifelsfall durch mehrere Instanzen verteidigen", sagte ein Sprecher.

Discounter lässt Kaffee selbst produzieren

Der Einstandspreis umfasst den Einkaufspreis einer Ware sowie alle Nebenkosten wie Verpackung, Versicherung und Fracht. Aldi Süd hatte die Ein-Kilo-Packung zwischenzeitlich für weniger als vier Euro verkauft. Der Discounter lässt seinen Kaffee von seinem Tochterunternehmen New Coffee produzieren. Die Kaffeesteuer beträgt für Röstkaffee 2,19 Euro je Kilogramm.

Händler im Lebensmitteleinzelhandel arbeiten mit Mischkalkulationen. Bei einigen Artikeln sind die Margen höher, andere sind gering kalkuliert. Dies dient dem Zweck, mehr Kunden in die Märkte zu locken und die Verkaufsmenge zu erhöhen. Sogenannte Eckpreisartikel wie Kaffee, Milch oder Butter haben eine besondere Zugkraft, weil Kunden bei ihnen besonders auf die Preise achten.

Preisanstieg beim Kaffee erwartet

Der Düsseldorfer Kartellrechtler Johannes Brück findet es "seltsam", dass Rohkaffee auf dem Weltmarkt teurer ist als das von Aldi verkaufte Produkt. Der Discounter nehme offensichtlich Verluste in Kauf, so der Anwalt. Das sei zwar nicht grundsätzlich verboten. Doch "Einen Einstandspreis hat Aldi bei seinen Eigenmarken gar nicht, weil Aldi diese selbst herstellt oder für sich in Lohnproduktion herstellen lässt". Die Geschädigten seien letztlich die Erzeuger. Bei derartigen Preisen sei es nicht möglich, faire Anbaubedingungen und Löhne in den Herkunftsländern sicherzustellen.

Kaffeehändler und -röster erleben derzeit herausfordernde Zeiten. Im vergangenen Jahr sind die Rohkaffeepreise um rund 70 Prozent gestiegen. Hauptgrund dafür sind Experten zufolge unter anderem schlechte Ernten im wichtigsten Erzeugerland Brasilien. Erwartet wird, dass Verbraucher für Kaffee bald tiefer in die Tasche greifen müssen. Tchibo hatte zuletzt bereits angekündigt, dass weitere Preiserhöhungen unumgänglich seien.

dpa/pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Düsseldorf weist Tchibos Klage ab: . In: Legal Tribune Online, 17.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56363 (abgerufen am: 12.02.2025 )

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