Prozessbeginn vor dem LG Düsseldorf: Ange­klagte schef­felten 93 Mil­lionen Euro durch Air­Pods-Handel

22.01.2025

In Düsseldorf ist der Prozess gegen drei Männer gestartet, die durch ein sogenanntes Umsatzsteuerkarussell 93 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben sollen. Das Hauptprodukt bei der Masche: die beliebten AirPods von Apple.

Drei Männer sollen den Fiskus um 93 Millionen Euro geprellt haben. Vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf hat am Dienstag deshalb ein Prozess um eine großangelegte Steuerhinterziehung begonnen (Az. 10 KLs 4/24). Angeklagt sind drei Männer im Alter von 37 bis 50 Jahren. Die beiden Hauptangeklagten hatten zuletzt in Düsseldorf gelebt. Gemeinsam mit dem 43-jährigen Mitangeklagten sollen sie vor allem Geschäfte mit Apple AirPods betrieben haben.

Die Europäische Staatsanwaltschaft wirft dem Trio "bandenmäßige Steuerhinterziehung in besonders großem Ausmaß" vor. LTO hat beim LG die konkrete Paragrafenkette erfragt, die furchterregend lang ist: §§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5 Abgabenordnung (AO), 25 Abs. 1 Alt. 1, Alt. 2, Abs. 2, 26, 27, 52, 53 Strafgesetzbuch (StGB)).

Innerhalb von drei Jahren sollen die drei Männer ein sogenanntes Umsatzsteuerkarussell errichtet haben. So haben sie laut Anklage mithilfe von Strohleuten ein europaweites Netz von Scheinfirmen gebildet, um besonders beliebte, liquide und gleichzeitig hochpreisige Ware zu verkaufen. Das Hauptprodukt ihrer Masche: die bekannten Apple AirPods. 

Während die Ware tatsächlich permanent an Standorten in Köln und Bayern gelagert und überhaupt nicht bewegt worden war, wurde sie laut Anklage teils innerhalb weniger Stunden mehrfach weiterverkauft. Gekauft hatten sie die Scheinfirmen nach einer vorher bestimmten Abfolge. Dadurch nutzten die Angeklagten und ihre Strohmänner steuerliche Regelungen zur Umsatzsteuer (umgangssprachlich auch "Mehrwertsteuer") aus, konkret: den sogenannten Vorsteuerabzug, der für die Wirtschaftskette wichtig ist, aber auch leicht missbraucht werden kann. So entging dem Fiskus bei vielen der getätigten Geschäfte die Umsatzsteuer komplett.

Insgesamt sollen die Angeklagten so 93 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Die Staatsanwaltschaft korrigierte damit frühere Angaben des Gerichts, wonach sich der Schaden auf knapp 150 Millionen Euro belaufen haben sollte. Für die Hauptverhandlung hat das Gericht bis Mitte Juli bereits mehr als 30 Verhandlungstage angesetzt. 

Ein Angeklagter kündigt Aussage an

Als einziger der Angeklagten wolle sich der 43-Jährige am nächsten Prozesstag zu den Vorwürfen einlassen, kündigte sein Verteidiger an. Nach seinen Angaben ist sein Mandant schon im Vorfeld sehr kooperativ gewesen. Laut Staatsanwaltschaft hatte er bei den Ermittelnden umfangreiche Angaben gemacht.

Die Anklage erklärte sich bereit, das Verfahren gegen den Angeklagten im Gegenzug für ein Geständnis einzustellen. Als mögliche Geldauflage schlug die Strafkammer nach kurzer Beratung eine Summe in Höhe von 75.000 Euro vor.

Nach Überzeugung der beiden Staatsanwältinnen hatte der 43-Jährige kaum Kenntnis vom Gesamtumfang des Steuerbetrugs und habe kaum profitiert. Er habe zwischen 500 und 1.000 Euro pro Monat als Geschäftsführer einer Firma bekommen, die in Budapest als zentrale Zwischenhändlerin bei den Geschäften fungiert haben soll. Der Steuerberater sei von den beiden Hauptangeklagten Anfang 2020 angeworben worden und zwei Jahre später wieder ausgestiegen.

Die beiden Hauptangeklagten bestätigten am ersten Prozesstag nur ihre Personalien und machten keine weiteren Angaben.

Aufgeflogen war der mutmaßliche Umsatzsteuerbetrug nach Angaben der Staatsanwaltschaft bei anderen Ermittlungsverfahren. "Das Liefervolumen der von der Bande gehandelten Geräte lag bei über 600 Millionen", hieß es. Auch wenn die Apple AirPods mit Abstand zu den beliebtesten Kopfhörerprodukten gehörten, sei diese Anzahl viel zu auffällig hoch gewesen.

dpa/mh/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Prozessbeginn vor dem LG Düsseldorf: . In: Legal Tribune Online, 22.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56397 (abgerufen am: 11.02.2025 )

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