Sachverständiger im Fall Latzel: Können theo­lo­gi­sche Aus­sagen Volks­ver­het­zung sein?

16.05.2022

Wenn eine Ausssage theologisch fundiert ist, kann sie dann den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen? Damit befasst sich das LG Bremen in zweiter Instanz im Fall des evangelischen Geistlichen Olaf Latzel.

Die Äußerungen des wegen Volksverhetzung in erster Instanz verurteilten evangelischen Pastors Olaf Latzel sind nach Darstellung eines Gutachters bibeltheologisch korrekt. Die Irritationen über die zugespitzte und scharfe Wortwahl des Geistlichen seien verständlich, die Schriften in der Bibel aber eindeutig. Sie stuften gelebte Homosexualität als Sünde ein, sagte der Wiener Universitätsprofessor und katholische Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger vor dem Landgericht (LG) Bremen. Allerdings sei Homosexualität in der Bibel nur ein Randthema.

Der evangelische Geistliche Latzel war 2020 vom Amtsgericht Bremen wegen abwertender Äußerungen über Homosexualität und Genderformen zu einer Geldstrafe verurteilt worden, dagegen hatte er Berufung eingelegt.

Latzel vertrete konservative Positionen, sagte Schwienhorst-Schönberger. Diese stellten aber keinen privaten abwegigen Sonderweg dar, sondern seien auch in theologischen Kreisen, bei Wissenschaftlern und der katholischen Kirche zu finden. Im Mainstream der liberalen, modernen und säkularen Gesellschaft seien solche Positionen aber nicht akzeptabel und plausibel. Er könne aber in den Äußerungen keinen Aufruf zum Handeln gegen Homosexuelle sehen und auch keine Anstachelung zum Hass, sagte der Theologe mit Blick auf ein in dem Verfahren relevantes Eheseminar Latzels im Oktober 2019.

Latzel, der seit Ende 2007 Pastor der St. Martini-Gemeinde in Bremen ist, hatte im ersten Teil des rund zweistündigen Seminars vor 30 Ehepaaren der Gemeinde unter anderem von "Genderdreck", Verbrechern und einer "Homo-Lobby" gesprochen, die teuflisch sei. Das Seminar war im März 2020 kurzzeitig als Audiodatei auf Youtube eingestellt worden. Das Amtsgericht Bremen verurteilte ihn im November 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro.

dpa/jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Sachverständiger im Fall Latzel: Können theologische Aussagen Volksverhetzung sein? . In: Legal Tribune Online, 16.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48439/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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