Druckversion
Freitag, 26.05.2023, 03:24 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/nachrichten/n/lg-bielefeld-15o67-17-abfindungsheld-website-werbung-irrefuehrend-urteil/
Fenster schließen
Artikel drucken
26243

LG Bielefeld zu irreführender Werbung: Online-Rechts­di­enst­leister nicht güns­tiger als jeder Anwalt

02.01.2018

Digitale Rechtsberatung

© MH - stock.adobe.com

Der Online-Rechtsdienstleister "abfindungsheld.de" darf nicht mehr damit werben, für gekündigte Arbeitnehmer vor Gericht zu ziehen und dabei "günstiger als jeder Anwalt" zu sein. Das bestätigte das LG Bielefeld nun mit einem Urteil.

Anzeige

"Wir setzen Ihr Recht durch - Wenn Sie uns beauftragen, holen unsere Rechtsexperten Ihnen Ihre Abfindung. Wir ziehen bis vor Gericht, ohne dass Ihnen Kosten entstehen. Sie können sich zurücklehnen und entspannen", warb einst der Online-Rechtsdienstleister "abfindungsheld.de" auf seiner Website. Dabei sei man auch noch "günstiger als jeder Anwalt". Diese Behauptungen gehen nach einem nun bekannt gewordenen Urteil des Landgerichts (LG) Bielefeld nicht in Ordnung, es untersagte deren Verwendung (Urt. v. 12.12.2017, Az. 15 O 67/17).

Der Bielefelder Anwaltverein war gerichtlich gegen die Werbepraktiken der Seite vorgegangen, die er als irreführend bezeichnete. Damit hatte man bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Erfolg erzielt: Mit Beschluss vom 01.08.2017 untersagte das LG Bielefeld der Legal Hero GmbH, dem Unternehmen hinter "abfindungsheld.de", einen Großteil der von der etablierten Konkurrenz monierten Werbeslogans.

Nach der Eingabe weniger Details prüfe man die Ansprüche und erstelle automatisch eine individuelle Kündigungsschutzklage, hatte das Unternehmen potenziellen Kunden in der Vergangenheit u. a. versprochen. Damit werde allerdings der Eindruck erweckt, die Plattform "biete eine komplette Abwicklung der außergerichtlichen und gerichtlichen Durchsetzung eines Abfindungsanspruches aus einem gekündigten Arbeitsverhältnis an" - was allerdings nicht den Tatsachen entspreche, wie das Gericht in seinem damaligen Beschluss entschied. Die Werbung sei daher irreführend i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Fingierte Kundenbewertung, keine eigenen Anwälte

Tatsächlich aber, so stellte die 15. Zivilkammer fest, nehme nicht etwa ein Algorithmus oder Mitarbeiter des Unternehmens die eigentliche Prüfung der Ansprüche vor, sondern externe Partneranwälte. Zudem sei die Provision von 25 Prozent der ggf. erzielten Abfindung, die an die Legal Hero GmbH zu zahlen sei, nicht zwangsläufig günstiger als das Honorar eines Anwalts - insbesondere dann, wenn der Mandant eine Rechtsschutzversicherung habe, so das Bielefelder Gericht in seinem Urteil.

Für zusätzliche Aufregung zum Zeitpunkt des damaligen Beschlusses sorgte eine fingierte Kundenbewertung, die auf der Seite veröffentlicht worden war. Ein Nutzer mit dem Alias "Peter L." soll am 02.06.2017 unter der Überschrift "Super Abwicklung" geschrieben haben: "einfache Abwicklung dank meiner Rechtsschutzversicherung. Sogar die Selbstbeteiligung wurde übernommen. Klasse!".

Die Bewertung konnte aber nach Ansicht des LG gar nicht echt sein: Aus einem Interview mit den Gründern, welches auf einer anderen Internetseite veröffentlicht worden war, ging demnach hervor, dass diese ihre Tätigkeit erst im Juni 2017 aufgenommen hatten. Da die Verfolgung der Arbeitnehmeransprüche laut eigener Aussage im Schnitt 6-8 Wochen dauern solle, konnte die Bewertung vom 2. Juni also nur fingiert worden sein, schlussfolgerte das LG bereits im Eilverfahren.

Auf die Verfügung des Gerichts hin hatte das Unternehmen zumindest teilweise auf manche Kritik des lokalen Anwaltvereins reagiert. Nun hat die Legal Hero GmbH aber auch im Hauptsacheverfahren verloren, wie eine Sprecherin am Dienstag bestätigte. Auf Nachfrage von LTO wollten sich Vertreter des Unernehmens noch nicht dazu äußern, ob sie gegen das Urteil in Berufung gehen werden.

Die angegriffenen Aussagen fanden sich am Dienstag allerdings nicht mehr auf dem Internetauftritt.

mam/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

LG Bielefeld zu irreführender Werbung: Online-Rechtsdienstleister nicht günstiger als jeder Anwalt . In: Legal Tribune Online, 02.01.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26243/ (abgerufen am: 26.05.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Gewerblicher Rechtsschutz
    • Digitale Rechtsberatung
    • Kündigung
    • Online-Services
    • Rechtsanwälte
    • Rechtsberatung
    • Rechtsmarkt
    • Unlauterer Wettbewerb
  • Gerichte
    • Landgericht Bielefeld
25.05.2023
Cum-Ex

Cum-Ex-Geschäfte:

Pro­zess gegen Ex-Fresh­fields-Anwalt startet im Sep­tember

Ein ehemaliger Partner der Wirtschaftskanzlei Freshfields muss sich ab dem 9. September vor dem Landgericht Frankfurt verantworten. Ihm wird schwere Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Artikel lesen
23.05.2023
Anwaltsberuf

Wann gilt ein Anwalt als Freiberufler?:

BGH warnt vor Schein­selbst­stän­digen in der Kanzlei

Ein Strafrechtsfall verschafft dem BGH Gelegenheit, grundsätzlich zu entscheiden, wann Anwälte in einer Kanzlei selbstständig arbeiten und wann sie angestellt sind. Was aus dem Urteil folgt und wann es teuer wird.

Artikel lesen
25.05.2023
Durchsuchung

LTO liegt Durchsuchungsbeschluss zur Letzten Generation vor:

Wie das Gericht die "kri­mi­nelle Ver­ei­ni­gung" begründet

Eine professionelle, aber lose Struktur, ein eigenes Finanzierungssystem und eine lange Liste von Straftaten. Ein Gerichtsbeschluss zeigt die Begründung, mit der die Letzte Generation als "kriminelle Vereinigung" einzustufen sein soll.

Artikel lesen
25.05.2023
Ausweisung

BVerwG zur Auslandsausweisung:

Keine Aus­wei­sung ohne Ein­reise

Ein noch nie nach Deutschland eingereister, visumspflichtiger Ausländer kann nicht ausgewiesen werden. Erforderlich sei ein Aufenthalt im Inland. Diese Frage hat das BVerwG erstmals höchstrichterlich entschieden, erläutert Markus Sade.

Artikel lesen
23.05.2023
Jurastudium

Erste umfassende Studie:

So groß ist die Unzu­frie­den­heit mit der juris­ti­schen Aus­bil­dung

Es ist die bislang größte Studie zur Reform der juristischen Ausbildung mit über 10.000 Teilnehmer:innen aus Studium, Referendariat und Prüfungspraxis. LTO liegen die Ergebnisse vorab vor – und die zeigen: es wird Zeit, dass sich etwas ändert. 

Artikel lesen
24.05.2023
Klimaproteste

Vorverurteilung durch Generalstaatsanwaltschaft:

Chaos um Warn­hin­weis gegen "Letzte Gene­ra­tion"

Die Generalstaatsanwaltschaft München beschlagnahmte im Rahmen der Durchsuchungen gegen die 'Letzte Generation' auch deren Internetseite. Sie verlinkte zu einem Warnhinweis, in dem die Klimagruppe vorverurteilt wurde. Danach folgte Chaos. 

Artikel lesen
TopJOBS
Schu­lungs­re­fe­rent ju­ris­ti­sche Soft­wa­re­lö­sun­gen / Cli­ent Trai­ner (m/w/d) -...

Wolters Kluwer Deutschland GmbH , Frank­furt am Main

Sta­ti­ons­re­fe­ren­da­re (m/w/x)

Freshfields Bruckhaus Deringer , Frank­furt am Main

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/x)

Freshfields Bruckhaus Deringer , Mün­chen

As­so­cia­tes (m/w/x) für den Be­reich Un­ter­neh­mens­recht (Ver­trags­recht, IP,...

Freshfields Bruckhaus Deringer , Frank­furt am Main

Voll­ju­ris­ten / Wirt­schafts­ju­ris­ten (w/m/d) Mo­bi­li­ty

reuschlaw , Saar­brü­cken

Sta­ti­ons­re­fe­ren­da­re (m/w/x)

Freshfields Bruckhaus Deringer , Mün­chen

Sta­ti­ons­re­fe­ren­da­re (m/w/x)

Freshfields Bruckhaus Deringer , Ber­lin

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/x)

Freshfields Bruckhaus Deringer , Ham­burg

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Women@CliffordChance

06.06.2023

Karrieretag Jura München

23.06.2023, München

Fireside Chat Private Equity: Deals, Dinner & Drinks

15.06.2023, Frankfurt am Main

Verhandlungsworkshop - Take the role as negotiator!

22.06.2023

Fortbildung IT-Recht im Selbststudium/online

30.05.2023

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH