Das Gebäude des alternativen Wohnprojektes in Berlin-Friedrichshain durfte nach Ansicht des LG nicht geräumt werden. Der Eigentümer erschien am Mittwoch nicht zur Verhandlung und hatte dem Gericht keinen Räumungstitel vorgelegt.
Die Teilräumung des alternativen Wohnprojektes in der Rigaer Straße 94 in Berlin-Friedrichshain war nach Ansicht des Landgerichts (LG) Berlin rechtswidrig. Der Eigentümer der Immobilie habe bis heute keinen Räumungstitel vorgelegt, sagte Richterin Nicola Herbst am Mittwoch. Dies wäre die Grundlage gewesen, um Nutzer der Räume im Erdgeschoss hinaus zu zwingen. "Der Weg des Eigentümers ist nicht vom Gesetz vorgesehen."
Weil weder der Hauseigentümer noch ein Vertreter zum Termin am Mittwoch erschienen war, kündigte die Richterin an, im Laufe des Tages ein entsprechendes Versäumnisurteil zu erlassen. Damit bekommt der klagende Verein, der die Räume genutzt hatte, aber nur vorläufig Recht. Denn dem Eigentümer steht die Möglichkeit des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil zu. Ein solches Urteil wird von Parteien eines Rechtsstreits nicht selten durch die sog. Flucht in die Säumnis provoziert, um hiermit Zeit zu gewinnen. Möglich also, dass dies auch hier bezweckt war. Ein Versäumnisurteil ist allerdings vorläufig vollstreckbar. So kündigte der Verein bereits an, das Nutzungsrecht am Gebäude schnellstmöglich durchsetzen zu wollen. Man wolle mit der Gegenseite zugleich über einen Mietvertrag verhandeln.
Die Räumung am 22. Juni unter Polizeischutz hatte massive Proteste ausgelöst. Seitdem spitzten sich die Auseinandersetzungen um das auch von Linksautonomen bewohnte Haus zu. Polizisten standen Tag und Nacht vor dem Eingang, weil Straftaten befürchtet wurden. Bei einer Demonstration am Samstagabend von Autonomen und Unterstützern der Rigaer Straße 94 kam es zu heftigen Gewaltausbrüchen. Am Dienstag verringerte die Polizei ihre Kontrollen.
Noch am Montag hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) argumentiert, die Polizei sei in der Rigaer Straße, weil ein Hauseigentümer sein Recht nicht habe durchsetzen können und angegriffen worden sei. Senatssprecherin Daniela Augenstein teilte nun mit, die Senatskanzleisei in die Vorläufe zum Einsatz der Polizei nicht involviert gewesen. "Wir gehen fest davon aus, dass die Innenverwaltung die Rechtsgrundlage dafür erklären kann."
dpa/una/LTO-Redaktion
LG Berlin erlässt Versäumnisurteil: . In: Legal Tribune Online, 13.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19990 (abgerufen am: 10.10.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag