Es bleibt dabei. Ein an einem tödlichen Überfall auf ein Wettbüro beteiligter Rocker wurde von LG Berlin zum zweiten Mal zu einer Lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der BGH hatte zuvor Klärungsbedarf gesehen.
Mehr als acht Jahre nach den tödlichen Schüssen in einem Berliner Wettbüro ist ein Rocker erneut wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Um in den Genuss einer milderen Strafe zu kommen, hätte der 33-Jährige seinerzeit mehr zur Aufklärung der Tat beitragen müssen, begründete das Landgericht (LG) Berlin am Mittwoch seine Entscheidung (Urt. v. 10.08.2022, Az. 530 Ks 5/22). Es folgte damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Das Gericht hatte sich nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) erneut mit dem Fall befassen müssen. Der Rocker war 2019 gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der Hells Angels wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat hatte im vergangenen Februar die Verurteilungen der an dem Überfall beteiligten Hells-Angels-Rocker bestätigt. Bis auf eine Ausnahme. Im Fall eines 33-Jährigen sahen die BGH-Richter Klärungsbedarf: Die Berliner Kollegen hätten nicht ausreichend erläutert, warum sie die Angaben des Mannes im Ermittlungsverfahren keine Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1. Nr. 1 StGB nicht in Betracht komme. So sei etwa zu prüfen, in welchem Ausmaß der Rocker damals zur Aufklärung der Tat beigetragen habe und ob er sich mit seiner Aussage damals in Gefahr gebracht habe. Nach der Vorschrift kann die lebenslange Freiheitsstrafe gemildert werden, wenn der Täter durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat aufgedeckt werden konnte.
Der Rocker hatte nach seiner Verhaftung in der Untersuchungshaft einige Angaben zu dem Überfall am 10. Januar 2014 im Berliner Stadtteil Reinickendorf gemacht, bei dem ein 26-Jähriger erschossen wurde. Eine umfangreiche Vernehmung hatte er jedoch abgelehnt. Er sei eingeschüchtert worden, erklärte der 33-Jährige bei der Neuauflage des Prozesses nun sein Verhalten.
Angeklagter hätte "mehr leisten müssen"
Das Berliner Landgericht überzeugte das nicht. Die anderen Mitglieder der Rockerbande seien ihm nicht feindlich gegenüber aufgetreten, hieß. Bei der Urteilsverkündung am 1. Oktober 2019 sei der 33-Jährige noch Mitglied der Hells Angels gewesen. Damals waren sieben Hells Angels wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Rockerchef, der die tödlichen Schüsse in Auftrag gegeben hatte, bekam lebenslang wegen Anstiftung zum Mord. Ein Kronzeuge wurde ebenfalls wegen Mordes verurteilt - kam aber mit zwölf Jahren glimpflicher davon.
Aus Sicht der 30. Strafkammer hat der Mann zwar den Ermittlern damals mit der Benennung weiterer Täter gezeigt, "dass sie auf dem richtigen Weg" seien. "Einen neuen Weg mit Namen hat er aber nicht gezeigt", sagte der Vorsitzende Richter Gregor Herb bei der Urteilsverkündung. Die Angaben des Rockers seien nicht über den damaligen Ermittlungsstand hinausgegangen. Im Prozess selbst habe er dann versucht, seine Äußerungen rückgängig zu machen oder "zumindest in ein anderes Licht zu stellen."
Angesichts dieser Aspekte sah das Gericht keinen Anlass für eine Strafrahmenverschiebung, die eine Strafe von 10 bis 15 Jahren ermöglicht hätte. Dies hatte die Verteidigung gefordert. Sie verwies auch darauf, dass der 33-Jährige inzwischen wegen des nicht rechtskräftigen Urteils seit rund acht Jahren und sieben Monaten in Untersuchungshaft sitzt, wo verschärfte Regeln gelten. Doch "um in den Genuss einer Strafrahmenverschiebung zu kommen, hätte er mehr leisten müssen", so Richter Herb.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Tödlicher Überfall auf Wettbüro: . In: Legal Tribune Online, 11.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49298 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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