In Prozessen gegen Klimaaktivisten geht es in der Regel um Straßenblockaden. Vor zwei Wochen hat sich ein junger Mann aber auch an einem Gerichtstisch in Berlin festgeklebt. Das könnte weiteren juristischen Ärger nach sich ziehen.
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Die Mitgründerin und Sprecherin der Klimaschutzgruppe Letzte Generation, Carla Hinrichs, ist nach einer Straßenblockade in Berlin zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30 Euro, insgesamt 600 Euro, verurteilt worden. Das Amtsgericht (AG) Tiergarten befand die 26-Jährige aus Bremen am Donnerstag der Nötigung schuldig.
Klimaaktivist Henning Jeschke muss nach einer Klebe-Aktion im Gerichtssaal unterdessen mit weiteren strafrechtlichen Folgen rechnen. Auch er steht wegen mehrerer Straßenblockaden vor dem AG Tiergarten. Bei der Verhandlung vor zwei Wochen hatte er sich mit einer Hand an einem Tisch festgeklebt. Letztlich wurde der Klimaaktivist mit der Hand am Tisch klebend aus dem Gebäude gebracht. Jeschke erklärte, der Tisch sei untergestellt und "noch nicht im Museum". Er werde wieder auftauchen.
Es sei Strafanzeige erstattet worden, sagte eine Gerichtssprecherin am Donnerstag am Rande des Prozesses gegen den 23-Jährigen aus Greifswald. Die Staatsanwaltschaft habe zu prüfen, welche Delikte in Betracht kämen, möglicherweise gemeinschaftliche Sachbeschädigung, so die Sprecherin. Auch soll untersucht werden, ob der Livestream der Aktion aus dem Gerichtssaal strafbar war. Das Gericht hätte den Tisch gern zurück, sagte die Gerichtssprecherin am Rande des Prozesstermins, bei dem vier Polizisten als Zeugen gehört wurden.
Geringere Schuld, höheres Einkommen
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 23-Jährigen in dem aktuellen Verfahren Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr vor. Gegen Jeschke war zunächst ein Strafbefehl ergangen. Weil er dagegen Einspruch einlegte, kam es zum Prozess, der am 23. März fortgesetzt werden soll.
Auch mit Vorwürfen gegen Hinrichs wird sich das Gericht weiter befassen. Es würden derzeit weitere Verfahren gegen sie laufen, erklärte die Sprecherin der Klimaschutzgruppe. Auch wenn sie nun zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei, bedeute es nicht, dass ihr Protest hier ende, so die gebürtige Bremerin.
Zum Prozess gegen Hinrichs kam es, weil Staatsanwaltschaft und Gericht unterschiedlicher Auffassung über die Höhe der Geldstrafe wegen Nötigung waren. Das Gericht hielt die von der Staatsanwaltschaft geforderten 30 Tagessätze für zu hoch und hatte Bedenken, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden. Gemäß § 408 Abs. 3 Strafprozessordnung (StPO) wurde daraufhin auch ohne Einspruch die Hauptverhandlung anberaumt.
Auch am Donnerstag folgte Richter Christoph Weyreuther dem Antrag der Staatsanwaltschaft nicht. Diese hatte 30 Tagessätze gefordert, die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Das Gericht entschied sich für 20 Tagessätze. Allerdings setzte das Gericht statt der von der Staatsanwaltschaft angenommenen 15 Euro (insgesamt 450 Euro) eine Tagessatzhöhe von 30 Euro (insgesamt 600 Euro) fest. Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schuld des Täters, die Höhe nach dem Einkommen.
"Es ist eine Straftat, wenn man anderen seinen Willen aufzwingt", sagte Richter Weyreuther bei der Urteilsbegründung. Es gebe legale Mittel für Protest. Hinrichs hatte ihre Teilnahme an einer Blockade im Februar 2022 zugegeben und erklärt, sie halte ihr Verhalten nicht für strafbar.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Prozess gegen Klimaaktivisten am AG Tiergarten: . In: Legal Tribune Online, 09.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51272 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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