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24195

LAG Düsseldorf zum "Spoofing": Tele­fo­ni­sche Wei­ter­gabe von Pre­paid-Codes nicht grob fahr­lässig

29.08.2017

Prepaidkarten

© chere- stock.adobe.com

Eine Kassiererin gab am Telefon die Codes für 124 Prepaidkarten heraus. Durch die Anrufe, bei denen es sich um einen Betrug handelte, entstand ein Schaden in Höhe von 3.720 Euro. Die Versicherung darf die Frau aber nicht in Regress nehmen.

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Gibt eine Kassiererin am Telefon 124 Telefonkarten heraus, ist ihr Verhalten nicht unbedingt als grob fahrlässig einzustufen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Urt. v. 29.08.2017, Az. 14 Sa 334/17).

Die Frau arbeitete als Kassiererin an einer Tankstelle. Bei ihrer Einarbeitung teilte man ihr die Anweisung mit, Telefonkarten nicht am Telefon herauszugeben – was sie dennoch tat: An einem Septemberabend erhielt die Angestellte einen Anruf von einer männlichen Person, die sich als Mitarbeiter einer Telefongesellschaft ausgab. Er erklärte, dass eine Systemumstellung vorgenommen werden sollte. Damit sei eine andere Firma, nämlich diejenige, die für die Betreuung des gesamten Betriebssystems der Tankstelle zuständig ist, beauftragt.

Wie angekündigt, erhielt die Kassiererin kurz danach einen weiteren Anruf von einer anderen männlichen Person, die sich als Mitarbeiter der beauftragten Firma ausgab. Weil diese angab, dass sämtliche 30-Euro-Prepaidtelefonkarten durch neue ersetzt werden müssten, scannte die Mitarbeiterin insgesamt 124 Prepaidkarten zu je 30 Euro ein, druckte die jeweils 14-stelligen Codes aus und gab dem Anrufer sämtliche Prepaid-Codes telefonisch bekannt.

LAG: Mitarbeiterin Betrügern strukturell unterlegen

Später stellte sich heraus, dass es sich bei den Anrufen um einen Fall von sogenanntem Spoofing handelte, bei dem eine falsche Telefonnummer des Anrufers angezeigt wurde. Den durch den Betrug entstandenen Schaden in Höhe von 3.720 Euro erstattete die Versicherung der Tankstellenbetreiberin. Von der Angestellten verlangte die Versicherung diese Summe aber zurück.

Ohne Erfolg, wie nun das LAG Düsseldorf entschied. Die Versicherung habe die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist nicht gewahrt. Deshalb komme eine Haftung der Kassiererin nur noch bei grober Fahrlässigkeit in Betracht, was in ihrem Fall aber zu verneinen sei. Die Frau habe in der konkreten Situation die erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und nicht das verkannt, was jedem hätte sofort einleuchten müssen. In der doppelten Anrufsituation habe sie sich gegenüber den Anrufern nämlich in einer strukturellen Unterlegenheit befunden.

Ebenfalls berücksichtigte das Gericht einen besonderen Umstand: Bei Eingabe der 124 Karten in das System fragte dieses die Kassiererin – anders als sonst -  nicht, ob die Eingabe aufgrund telefonischer Anfrage erfolgte. Nach den zwei angeblich von der Telefongesellschaft und des Systembetreibers erfolgten Anrufen durfte die Kassiererin jedenfalls aufgrund dieses weiteren Umstandes davon ausgehen, dass alles seine Richtigkeit hatte. Daran ändere sich auch dadurch nichts, dass eine Herausgabe per Telefon generell untersagt war, urteilten die Richter.

nas/LTO-Redaktion

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LAG Düsseldorf zum "Spoofing": . In: Legal Tribune Online, 29.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24195 (abgerufen am: 23.05.2025 )

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