Vergangenes Jahr konnte beim Lieferdienst Gorillas nach langem Streit ein Betriebsrat gewählt werden – doch es brodelte weiter. Nun stoppte das LAG die Wahl eines Betriebsrats im Warenlager Schöneberg und widersprach damit der Vorinstanz.
Im Streit über Betriebsratswahlen beim Lebensmittellieferdienst Gorillas hat die Unternehmensführung einen Erfolg erzielt. Nach einer Entscheidung de Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg muss eine für diesen Mittwoch geplante Wahl im Warenlager Schöneberg in Berlin abgebrochen werden (Beschl. v. 19.10.2022, Az. 3 BV 12711/21). Aus Sicht des Gerichts gibt es bei der Zusammensetzung des Wahlvorstandes deutliche Abweichungen von gesetzlichen Vorschriften für eine Betriebsratswahl. Mit seiner Entscheidung hob das LAG im Eilverfahren einen Beschluss des Arbeitsgerichts auf. Dieses hatte in der vergangenen Woche ohne mündliche Verhandlung einen Abbruch der Wahl abgelehnt.
Zwischen der Belegschaft und der Unternehmensführung des Lieferdienstes brodelt es seit langem. Im vergangenen Jahr hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach langem Ringen mit der Unternehmensführung einen Betriebsrat als Interessenvertretung für die Beschäftigten in ganz Berlin gewählt. Das Gremium wirft dem Unternehmen nun vor, als Reaktion auf diese Wahl aus den einzelnen Warenlagerstandorten eigenständige Franchise-Unternehmen gemacht zu haben - und zwar mit Kalkül, denn in diesen Franchise-Unternehmen habe der stadtweite Betriebsrat kein Mitspracherecht, so das Gremium.
Der stadtweite Gorillas-Betriebsrat reagierte: "Deshalb werden Wahlen in jedem einzelnen Warenlager abgehalten", hieß es kurz darauf in einem Aushang des Betriebsrats für die nun gerichtlich gestoppte Wahl. Laut Unternehmensleitung sind weitere solcher zusätzlicher Wahlen für die Standorte Friedenau, Moabit und Treptow geplant. Dagegen geht Gorillas gerichtlich vor.
"Es können aus rechtlicher Sicht nicht mehrere Betriebsräte für den gleichen Betrieb zuständig sein", argumentiert der Lieferdienst. Kontakt- und Gesprächsversuche mit Betriebsrat und Wahlvorständen seien bislang gescheitert. Man habe sich gezwungen gesehen, im Sinne einer rechtlich einwandfreien Vertretung der Mitarbeiterinteressen "gegen die geplanten illegalen Wahlbestrebungen vorzugehen", erklärte eine Sprecherin am Mittwoch.
Nach Angaben eines Gerichtssprechers dürfte diese erste Entscheidung des LAG Auswirkungen auf die übrigen Verfahren beim Arbeitsgericht haben. Davon geht auch Anwalt Martin Bechert aus, der einen Wahlvorstand vertritt. "Den Gorillas gelingt es offensichtlich, aufgrund von formellen Gründen die Wahl demokratischer Interessenvertretungen in den Betrieben zu verhindern."
dpa/pdi/LTO-Redaktion
LAG Berlin-Brandenburg: . In: Legal Tribune Online, 19.10.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49930 (abgerufen am: 05.12.2024 )
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