Vier Tötungsdelikte werden einer Mitarbeiterin eines Potsdamer Wohnheimes für Menschen mit Behinderung vorgeworfen. Das Strafverfahren ist aber kein Grund, das Kündigungsschutzverfahren auszusetzen, so das LAG Berlin.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass das Kündigungsschutzverfahren gegen eine Mitarbeiterin in der Behindertenhilfe fortgeführt werden muss, wie eine Sprecherin am Donnerstag mitteilte (Beschl. v. 06.10.2021, Az. 11 TA 1120/21). Die Frau steht im Verdacht, eine Gewalttat mit vier Toten im Oberlinhaus Potsdam, einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung, begangen zu haben.
Ihre Arbeitgeberin hatte sie wegen des Vorwurfs fristlos gekündigt, wogegen sie Kündigungsschutzklage erhob. Das Arbeitsgericht Potsdam hatte das Kündigungsschutzverfahren allerdings ausgesetzt. Zur Begründung verwies es auf das laufende Strafverfahren und die ausstehende Begutachtung der Schuldfähigkeit der Frau. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitgeberin das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde beim LAG ein.
Die Arbeitgeberin hat Erfolg. Das LAG hob den Beschluss zur Aussetzung des Verfahrens auf. Ein Aussetzungsgrund sei nur gegeben, wenn die strafrechtlichen Ermittlungen maßgeblich für die Entscheidung des Arbeitsgerichts seien. Auf die Schuldfähigkeit komme es dabei jedoch nicht an.
Tötungsdelikt begründet fehlende Eignung - auch bei Schuldunfähigkeit
Bei einem Tötungsdelikt wie dem hier vorgeworfenen fehle der Mitarbeiterin "im Sinne eines personenbedingten Kündigungsgrundes die Eignung für die Tätigkeit auch bei fehlender Schuldfähigkeit", hieß es. Eine weitere Zusammenarbeit sei auch in diesem Fall weder der Arbeitgeberin noch den weiteren Beschäftigten zumutbar. Für die Entscheidung des Arbeitsgerichts komme es nicht auf das strafrechtliche Urteil, sondern den Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten und einem damit verbundenen Vertrauensbruch an.
Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen.
In dem Wohnheim der diakonischen Einrichtung Oberlinhaus waren Ende April vier Bewohner getötet und eine Bewohnerin schwer verletzt worden. Tatverdächtig ist eine Pflegekraft, die viele Jahre dort arbeitete. Sie ist in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Der Prozess wegen Mordes und Mordversuchs gegen die 52-Jährige soll am 26. Oktober vor dem Landgericht Potsdam beginnen.
cp/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Gewalttat in Wohnheim für Menschen mit Behinderung: . In: Legal Tribune Online, 21.10.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46424 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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