Eine Polizeiärztin muss sich zur freiheitlichen-demokratischen Grundordnung bekennen. Tut sie das nicht und äußert sich öffentlich dazu, kann ihr gekündigt werden, hat das LAG Baden-Württembergs entschieden.
Die Kündigung einer Polizeiärztin wegen öffentlicher Kritik an der Corona-Politik ist nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG) wirksam (Urt. v. 02.02.2022, Az. 10 Sa 66/21). Die Frau habe mit einer Anzeige in einer Zeitung das Infektionsschutzgesetz mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten gleichgesetzt. Hierdurch habe sie gegen ihre Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des beklagten Landes verstoßen, teilte ein Gerichtssprecher der dpa mit.
Unter ihrem Namen hatte die Polizeiärztin nach Angaben des Gerichts im Herbst 2020 eine Kleinanzeige in einer kostenlosen Sonntagszeitung veröffentlicht, die überschrieben war mit "Infektionsschutzgesetz=Ermächtigungsgesetz". Unter anderem ist in der Annonce zudem von "Zwangsimpfung" die Rede inkl. eines Verweises auf eine Demonstration vor dem Bundestag gegen das Infektionsschutzgesetz.
Das Land Baden-Württemberg hat die ordentliche Kündigung mit der mangelnden Eignung der gegen ihre Kündigung klagenden Frau für die Tätigkeit als Polizeiärztin begründet. Im Übrigen habe sie mit ihrem Verhalten arbeitsvertragliche Pflichten verletzt. Zu den Treuepflichten in ihrer Position gehöre es, den Staat, die Verfassung und staatliche Organe nicht verächtlich zu machen. Die Polizeiärztin zeigte sich dagegen anderer Auffassung: Ihr Verhalten untermauere gerade ihre Loyalität zum Grundgesetz, zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zu den Grundfesten des Landes Baden-Württemberg.
Klage schon in erster Instanz abgewiesen
Das Arbeitsgericht (ArbG) Freiburg hatte schon in erster Instanz die Kündigungsschutzklage abgewiesen (Urt. v. 05.08.2021, Az. 5 Ca 64/21). Die ordentliche Kündigung sei aufgrund der fehlenden Eignung der Frau gerechtfertigt. Sie habe als eine im öffentlichen Dienst angestellte Polizeiärztin eine gesteigerte politische Treuepflicht. Sie habe mit dem Begriff "Ermächtigungsgesetz" bewusst auf das nationalsozialistische Ermächtigungsgesetz von 1933 Bezug genommen und damit Staatsorgane verächtlich gemacht.
Insbesondere habe sie gegen die Pflicht verstoßen, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen, begründete das LAG seine Entscheidung im Berufungsverfahren. Das Gericht habe die Revision zum Bundesarbeitsgericht deshalb auch nicht zugelassen, sagte der Sprecher zur dpa.
Das Arbeitsverhältnis war zusätzlich fristlos gekündigt worden ist. Im Rahmen dieses Verfahrens geht es auch um den Vorwurf, dass die Frau unrichtige Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben soll. Das Verfahren in dieser Frage soll im März 2022 vor dem ArbG Freiburg stattfinden.
cp/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
LAG Baden-Württemberg: . In: Legal Tribune Online, 02.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47402 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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