LSG Berlin-Brandenburg zur Unfallversicherung von Referendaren: Wer haftet für Sch­merzen im Rechts­re­fe­ren­da­riat?

09.12.2024

Auf dem Rückweg von einem Lehrgang verrenkt sich ein Berliner Rechtsreferendar den Finger. Die Unfallkasse verweist auf die staatliche Unfallfürsorge. Das LSG Berlin-Brandenburg stellt aber klar: Berliner Referendare sind keine Beamten.

Die Vorbereitung auf das Zweite Staatsexamen verlangt den meisten Rechtsreferendaren einiges ab – nicht nur psychisch. Ein Referendar aus Berlin litt auch körperlich besonders hart: Der junge Mann fuhr 2017 mit der U-Bahn von einem Verwaltungsrechtslehrgang zurück nach Hause, als die Bahn plötzlich ruckelte. Er kam dadurch ins Straucheln, stürzte und verrenkte sich dabei den kleinen Finger. Als dann auch noch Komplikationen während der Behandlung auftraten, musste der Finger versteift werden. Seitdem kann der damals 28-Jährige seinen Finger nicht mehr uneingeschränkt bewegen. Wer zahlt nun dafür? 

Mit dieser Frage bekamen es die Sozialgerichte zu tun. Denn die Unfallkasse Berlin sah sich nicht in der Pflicht, den Unfall als Versicherungsfall anzuerkennen. Die Unfallkasse ist Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung für Arbeitsunfälle in Unternehmen. Für Dienstunfälle staatlicher Bediensteter jedoch kommt es auf die Ausgestaltung des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses an. Die Unfallkasse Berlin argumentierte hier, dass Berliner Rechtsreferendare wie Landesbeamte zu behandeln seien. Deshalb unterfiele der Fall des 28-Jährigen der staatlichen Unfallfürsorge für Beamte, nicht der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das sehen die Gerichte anders. Schon das Sozialgericht Berlin verpflichtete die Unfallkasse, für die Folgen des Sturzes in der U-Bahn einzustehen. Die von der Unfallkasse eingelegte Berufung blieb vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg nun ohne Erfolg (Urt. v. 04.12.2024, Az. L 3 U 4/23).

Vorschriften für Beamte nur im Ausnahmefall anwendbar

Während manche Bundesländer ihre angehenden Juristen und Juristinnen zu Beamten auf Widerruf ernennen, sehe Berlin für seine Rechtsreferendare ausdrücklich ein Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses vor, so das LSG. Die Ausbildung erfolge in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis, wie sich aus § 10 des Berliner Juristenausbildungsgesetz ergebe.

Die Konsequenz dieser Einordnung: Beamtenrechtliche Vorschriften auf Rechtsreferendare seien nur dann anwendbar, wenn es sonst keine anderslautende Regelung gebe. Im Berliner Landesrecht sei aber die Versicherungspflicht und die Besoldung sowie Versorgung geregelt. Unter "Versorgung" falle auch die Unfallfürsorge, argumentiert das LSG. 

Die Unfallfürsorge für Berliner Rechtsreferendare richte sich daher eben nicht nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Stattdessen bestehe für den in Berlin ausgebildeten juristischen Nachwuchs Schutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Unfallkasse kann beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.

lmb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG Berlin-Brandenburg zur Unfallversicherung von Referendaren: . In: Legal Tribune Online, 09.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56062 (abgerufen am: 19.01.2025 )

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