LSG verneint Arbeitsunfall: Tank leer, Ver­si­che­rungs­schutz weg

19.12.2024

Ein Unfall auf dem Weg zur Tankstelle ist kein Arbeitsunfall, auch wenn der Verunfallte dort Treibstoff für die Fahrt zur Arbeit nachtanken wollte. Das hat das LSG Baden-Württemberg so entschieden. Es handele sich nicht um einen "Arbeitsweg".

Der Begriff des "Arbeitsweges" sorgt immer wieder für Fälle im Sozialrecht. Welche Fortbewegungen gehören noch dazu, welche nicht? Ein Umweg von Zuhause zur Tankstelle jedenfalls nicht – und zwar auch dann nicht, wenn an der Tankstelle Kraftstoff für den restlichen Arbeitsweg nachgefüllt werden sollte, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (Urt. v. 26.09.2024, L 10 U 3706/21).

Der Hintergrund des Falls ist ein Unfall, der sich im März 2021 ereignete. Die in dem Fall klagende Frau machte sich auf den Weg zu ihrer Ausbildungsstätte, die etwa 18 Kilometer entfernt lag. Beim Starten ihres Motorrads stellte sie fest, dass der Tank nicht genügend Sprit für die gesamte Strecke hatte. Der Grund: Ihr Bruder hatte das Motorrad am Vortag genutzt und offenbar so viel Sprit verbraucht, dass er nicht mehr ausreichte, um die Arbeitsstätte zu erreichen.

Infolgedessen fuhr die Frau in die entgegengesetzte Richtung zu einer Tankstelle. Auf dem Weg dorthin, auf einer vorfahrtsberechtigten Hauptstraße, musste sie einem Pkw ausweichen und stürzte. Dabei zog sie sich eine Knie- und Unterschenkelprellung zu und war für mehrere Wochen arbeitsunfähig. Die Berufsgenossenschaft wertete diesen Unfall aber nicht als Arbeitsunfall, wogegen die Frau letztlich klagte.

Ein Tankstopp ist eine private Angelegenheit

Das Sozialgericht (SG) Karlsruhe wies ihre Klage ab. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle nur dann versichert, wenn sie sich auf dem "unmittelbaren" Weg zur Arbeitsstätte ereignen. Das Tanken gelte jedoch als private Handlung, die nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung falle, da der Unfall auf einem Umweg und nicht auf dem direkten Arbeitsweg passierte, so das SG.

Das LSG hat diese Sichtweise bestätigt. Die Frau hatte argumentiert, dass sie erst beim Anlassen des Motorrads bemerkt habe, dass der Tank nicht ausreiche – ein Umstand, der für sie unvermeidbar gewesen sei. Dies sei allerdings unbeachtlich, so das LSG. Der entscheidende Punkt sei viel mehr gewesen, dass es im Risiko des Versicherten liege, private Nutzungen – selbst innerhalb der Familie – zu kontrollieren. Wer nicht dafür sorge, dass ein Fahrzeug richtig betankt ist, darf sich nach Ansicht des Gerichts nicht wundern, wenn der Arbeitsweg wegen des Tankstopps sozialrechtlich als unterbrochen zählt und damit nicht mehr "unmittelbar" ist.

xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG verneint Arbeitsunfall: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56152 (abgerufen am: 12.02.2025 )

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