Angriffe auf Journalistinnen, intransparente Wahlwerbung und Desinformationskampagnen aus dem Ausland: Die Demokratie in der EU muss nach Ansicht der EU-Kommission besser geschützt werden. Die gemeinsamen Werte stünden auf dem Spiel.
Die Demokratie in Europa gerät nach Ansicht der EU-Kommission immer stärker unter Druck. Als Beispiele nannte Vizepräsidentin Vera Jourova am Donnerstag in Brüssel Extremismus im Netz, fehlende Transparenz von Online-Plattformen, unerwünschte Einmischung aus dem Ausland und Angriffe auf Journalisten. Grundwerte wie Gleichheit, Rechtsstaat, Freiheit und Respekt vor Menschenrechten seien nicht mehr selbstverständlich. Mit einem Plan für die kommenden Jahre will die Kommission dagegenhalten.
"Unsere demokratischen Systeme und Institutionen sind in den vergangenen Jahren zunehmend angegriffen worden", heißt es darin. Die Kommission erwähnt den Datenskandal um Cambridge Analytica, die Ermordung der Journalisten Daphne Caruana Galizia auf Malta und Jan Kuciak in der Slowakei sowie Desinformationskampagnen aus China oder Russland. Konkrete Vorschläge, unter ihnen auch neue Gesetzespakete, sollen folgen.
Die Behörde macht drei Eckpfeiler aus: besserer Schutz von Wahlen, mehr Unterstützung für unabhängige Medien sowie Kampf gegen Desinformationen. Die Teilhabe von Bürgern soll gestärkt, soziale Netze wie Facebook sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Die Ära der "Gentlemen's Agreements" - also rechtlich nicht bindender Vereinbarungen - sei vorbei, sagte Jourova mit Blick auf den freiwilligen Verhaltenskodex gegen Desinformation, den mehrere Online-Riesen unterzeichnet haben.
Mehr Transparenz für verbesserte Integrität
Ein Gesetz für digitale Dienste, das die EU-Kommission Mitte des Monats vorlegen will, dürfte ein wichtiger Baustein sein. Zudem sollen Instrumente geschaffen werden, damit die Täter bei ausländischer Einmischung bestraft werden können. Details nannte die Kommissionsvize nicht. Die Meinungsfreiheit werde jedoch nicht beschnitten. Es werde kein "Wahrheitsministerium" gegründet.
Für die Integrität von Wahlen setzt die EU-Kommission vor allem auf mehr Transparenz. Jourova will zwei Gesetze vorschlagen - eines zur Parteienfinanzierung und eines zu politischer Werbung. Die Menschen müssten wissen, warum sie im Netz eine Anzeige sehen, wer wie viel dafür bezahlt habe und welche Kriterien für das sogenannte Mikrotargeting eingesetzt worden seien. Dieses Verfahren, bei dem Zielgruppen extrem personalisiert werden, will sie begrenzen. "Das Werben für politische Ideen ist nicht das gleiche wie das Werben für Produkte."
Journalisten, insbesondere Journalistinnen, sieht die EU-Kommission immer mehr Drohungen und Angriffen ausgesetzt - online wie offline. 73 Prozent der Journalistinnen weltweit hätten bei ihrer Arbeit Online-Gewalt erfahren, sagte Jourova. Um die Medienfreiheit zu stärken, will die Tschechin Empfehlungen für den Schutz von Journalisten vorlegen. Auch sollen sie besser vor unbegründeten und einschüchternden Klagen geschützt werden. Die durch eine Autobombe getötete Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia habe 47 Klagen gegen sich gehabt.
Auch sollten Informationen zu den Eigentumsverhältnissen von Medien öffentlich zugänglich sein, sagte Jourova. Zudem könne staatliche Werbung in Medien dazu führen, indirekt Druck auf Verlage auszuüben. Derlei Fragen spielen etwa in Ungarn eine Rolle. Einflussreiche Medien sind dort in der Hand von Eigentümern, die abhängig von Ministerpräsident Viktor Orban sind. Auch mit staatlicher und staatsnaher Werbung sichert er sich Einfluss.
dpa/acr/LTO-Redaktion
EU-Kommission: . In: Legal Tribune Online, 04.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43633 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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