Das zweite Strafverfahren gegen den Kölner Juraprofessor, der seit Monaten vom Dienst suspendiert ist, wird nun gegen eine geringe Zahlung eingestellt. Von den ihm zur Last gelegten Taten blieb am Mittwoch vor Gericht nur wenig übrig.
Er hatte stets bestritten, die Taten begangen zu haben, die ihm die Kölner Staatsanwaltschaft zur Last legte, seitdem sie mehrere seiner Rechner und Speichermedien beschlagnahmt hatte. Der Vorwurf an den Kölner Juraprofessor: Er soll 60 Bilder und acht Videos mit kinderpornographischem Inhalt besessen haben (Az. 526 Ds 944/14). Die Dateien hatten die Ermittler auf drei von vier Rechnern gefunden, als sie in anderer Sache die Privat- und Ferienwohnung des Rechtswissenschaftlers durchsuchten.
Nun soll die Angelegenheit mit der Zahlung von 2.500 Euro erledigt werden. Im Einvernehmen mit Staatsanwalt Ulf Willuhn und der hochkarätig besetzten Verteidigerbank stellte das Amtsgericht (AG) Köln am Mittwoch das Verfahren nach § 153 a Strafprozessordnung (StPO) ein. Diese Einstellung ist vorläufig, bis der Rechtslehrer, der dem Verfahren wortlos und sichtlich angeschlagen folgte, den Betrag von 2.500 Euro an die Staatskasse gezahlt hat. Zeit dazu hat er vier Monate lang.
Der Vorsitzende Dr. Vollmar wies darauf hin, dass die Entscheidung keinerlei Präjudiz bedeute, zumal die Beweisaufnahme in dem Verfahren noch nicht abgeschlossen war. Auf ein Disziplinarverfahren aber dürfe sie „wohl keine Auswirkungen haben“. Er wollte damit wohl zum Ausdruck bringen, dass dieses Verfahren sich mit der Einstellung erledigen würde. Entscheiden wird darüber aber die Universität zu Köln.
Uni Köln muss nun über Disziplinarverfahren und Suspendierung entscheiden
Dort steht nach LTO-Informationen noch nicht fest, wie man mit diesem Ergebnis umgehen will. Ein Disziplinarverfahren läuft, ruht aber bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung. Die Einstellung nach § 153a StPO dürfte das Verfahren jedenfalls nicht zu Ungunsten des Beschuldigten beeinflussen. Eine Einstellung nach dieser Vorschrift impliziert gerade keine Feststellung über die Schuld des Angeklagten, der sich weiterhin als unschuldig bezeichnen darf.
Derzeit liegt eine vorläufige Dienstenthebung vor, der Professor ist also einstweilen suspendiert. Das hatte die Dienstherrin veranlasst, als ein Strafbefehl gegen ihn erlassen wurde. Danach legte der Rechtswissenschaftler Einspruch gegen den Strafbefehl ein, mit dessen Ergehen er sich zunächst einverstanden erklärt hatte.
Ob seine derzeit auf 50 Prozent reduzierten Bezüge gegebenenfalls nachträglich gezahlt werden müssten, obgleich er seit Monaten keine Lehrveranstaltungen hält und auch sonst nicht an der Universität anzutreffen ist, ist ebenfalls noch nicht klar und soll an der Universität nun zunächst geprüft werden.
Öffentlichkeit während Verhandlung teilweise ausgeschlossen
Auch wenn sie noch nicht abgeschlossen war, hatte die Beweisaufnahme vor dem AG doch bereits einiges zutage gebracht, was gegen eine Verurteilung des Angeklagten sprach. In einem Eröffnungsstatement erklärte die graue Eminenz der Kölner Verteidiger, Prof. Norbert Gatzweiler, sein Mandant sei zu keinem Zeitpunkt im Besitz der aufgefundenen Dateien gewesen und habe auch keine Kenntnis davon gehabt, dass diese sich auf seinen Rechnern befanden.
Nun ist das Argument "ich war das nicht" normalerweise nicht gerade eines, das in Verfahren wegen kinderpornographischer Inhalte verfängt. Die Verteidigung konnte allerdings einige Indizien dafür anführen, dass es sich im Fall des Kölner Professors nicht um eine bloße Schutzbehauptung handelt. So gab es weder auf den Rechnern noch sonstwo Anzeichen dafür, dass der Angeklagte versucht hätte, sich kinderpornographische Inhalte zu beschaffen. Keine Browserverläufe, keine Bestellungen einschlägiger Inhalte on- oder offline.
Das stellte Prof. Dr. Björn Gercke von der renommierten Kölner Strafrechts-Boutique Gercke & Wollschläger heraus. Unterstützt wurden er und Gatzweiler in der Verhandlung zudem von seinem Kanzlei-Kollegen Nils Kassebohm, der bei der Befragung der Sachverständigen offenbar auf seine Kenntnisse u.a. im Computer-Strafrecht zurückgriff. Im Publikum saß außerdem Prof. Ralf Hoecker, namensgebender Partner der auf das Presse- und Medienrecht spezialisierten Kölner Kanzlei Hoecker Rechtsanwälte, den der Professor mit der Wahrnehmung seiner presserechtlichen Interessen beauftragt hat.
Ihm dürfte gefallen haben, dass es dem Verteidiger-Team gelang, die Öffentlichkeit für weite Teile des Verfahrens ausschließen zu lassen – sowohl bei einer Zeugenvernehmung, die den Intimbereich des Angeklagten und seine sexuellen Präferenzen hätte berühren können, als auch in Teilen bei der Vernehmung der Sachverständigen. Der Vorsitzende Dr. Vollmar begründete das damit, dass schon die Offenlegung von Ordnerstrukturen oder des Internet-Nutzungsverhaltens des Angeklagten dessen schutzwürdige Interessen verletzen könnte, weil die Öffentlichkeit sich von ihm als Rechtsprofessor ein Bild machen könnte, das sein berufliches Fortkommen erheblich beeinträchtigen würde.
Anm. d. Red.: Wegen unangemessener Kommentare haben wir die Kommentarfunktion zu diesem Artikel deaktiviert. 17.11.2016, 15:48h
Pia Lorenz, Besitz kinderpornographischen Materials: . In: Legal Tribune Online, 16.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21180 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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