2/2: Nur Spuren gelöschter Thumbnails, keine Speicherstrukturen
Dabei hatten die Verteidiger gute Karten. Alle drei Sachverständigen bestätigten, dass es auf den Rechnern des Angeklagten keine Ordner oder ähnliche Strukturen gab, die Hinweise darauf geliefert hätten, dass die gefundenen Dateien willentlich auf dem Rechner abgespeichert worden wären.
Diese waren zudem zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits gelöscht. Sogenannte "Schattenkopien" - mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Löschvorgang schwächer werdende Abbilder der Dateien - waren für Experten zwar für eine gewisse Zeit auffindbar und zeitlich zuzuordnen; für einen gewöhnlichen Computernutzer ohne Spezialsoftware wären sie jedoch nicht mehr sichtbar oder auffindbar gewesen.
Sämtliche gefundenen Bilder und Videos waren zudem nur als Thumbnails vorhanden, also als kleine (namensgebend: daumengroße) Vorschaubilder, wie sie z.B. in der Bildersuche von Suchmaschinen erscheinen. Diese könnten nach übereinstimmender Einschätzung der Sachverständigen auf vielfältige Weise auf den Rechner gelangt sein. Schon ein eingesteckter USB-Stick, auf dem irgendwann einmal solche Bilder abgespeichert waren, könnte die digitalen Spuren hinterlassen haben, die dem Professor nun angelastet wurden – auch wenn er selbst die Bilder nie zu Gesicht bekommen, geschweige denn angeklickt oder abgespeichert hätte.
Viele Menschen hatten Zugang zur Wohnung und Zugriff auf die Rechner
Gegen eine Verurteilung sprach auch, dass eine unbekannte Zahl von Dritten Zugriff auf die Rechner und Speichermedien des Professors hatte. Ein befreundeter, nicht in Köln wohnhafter Arzt sagte aus, er habe häufiger in der Wohnung des Rechtswissenschaftlers wohnen dürfen, wenn er kurzzeitig in der Stadt gewesen sei. Dabei seien die Computer offen zugänglich gewesen, das Passwort habe zeitweise sogar auf einem Blatt Papier gestanden, das offen herum lag.
Entlastend wirkte zudem die Aussage eines weiteren Zeugen, der auch in dem bereits abgeschlossenen Verfahren gegen den Kölner Professor wegen Besitzes von Crystal Meth eine Schlüsselrolle gespielt hatte. Der ehemalige gute Bekannte des Rechtswissenschaftlers, der in dessen Wohnung zeitweise ein und aus ging, räumte ein, jederzeit freien Zugriff auf alle Rechner gehabt und dort auch pornographische Inhalte konsumiert zu haben.
Sein insoweit lockerer Umgang mag den Kölner Juraprofessor erst in die Situation eines Strafverfahrens gebracht haben; er trug aber wohl auch einen guten Teil dazu bei, dass er diesem nun mit einem blauen Auge entkommen konnte. Ob dieses blaue Auge noch weitere Spätfolgen haben wird, darüber entscheidet nun die Universität zu Köln.
Anm. d. Red.: Wegen unangemessener Kommentare haben wir die Kommentarfunktion zu diesem Artikel deaktiviert. 17.11.2016, 15:48h
Pia Lorenz, Besitz kinderpornographischen Materials: . In: Legal Tribune Online, 16.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21180 (abgerufen am: 06.12.2024 )
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