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Klimaklage des peruanischen Bauern gegen RWE: Urteil wird am 14. April ver­kündet

von Dr. Franziska Kring

19.03.2025

Die Klägerseite um Dr. Roda Verheyen und Saúl Luciano Lliuya vor Beginn der Verhandlung am Montag.

Wie hoch ist die Gefahr, dass das Haus des peruanischen Bauern von einer durch den Klimawandel verursachten Flutwelle erfasst wird? Foto: picture alliance/dpa | Rolf Vennenbernd.

Zwei Tage hat das OLG Hamm zur Klimaklage des peruanischen Bauern Saúl Luciano Lliuya gegen RWE verhandelt. Sein Urteil verkündet es am 14. April. Entweder geht es dann weiter mit der nächsten Beweisfrage oder es weist die Berufung zurück.

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Sehr detailreich haben die Beteiligten am Oberlandesgericht (OLG) Hamm zwei Tage lang verhandelt und durchaus kontrovers über die Ausführungen der Sachverständigen diskutiert. Jura war dabei zeitweise zweitrangig, denn es ging auch viel um technische Details. Der Landwirt und Bergführer Saúl Luciano Lliuya will mit seiner Klimaklage erreichen, dass sich der Energiekonzern RWE anteilig an Kosten für Schutzmaßnahmen gegen eine mögliche Flutwelle durch den Gletschersee Palcacocha beteiligt. Luciano Lliuya befürchtet, dass sein Haus am Fuße der Anden in der Stadt Huaraz hinfortgespült oder anderweitig beschädigt werden könnte. Durch seine Emissionen habe RWE zum Klimawandel und damit zur Gletscherschmelze beigetragen, die den See jetzt überlaufen zu lassen droht.

"Anteilig" bedeutet hier entsprechend dem Verursachungsbeitrag von RWE. Bei Klageerhebung im Jahr 2015 war RWE ausweislich des sogenannten Carbon-Majors-Berichts  für 0,47 Prozent aller CO2-Emissionen seit Beginn der Industrialisierung verantwortlich. Mittlerweile sind es nur noch 0,38 Prozent. Klägeranwältin Dr. Roda Verheyen von der Kanzlei Günther erklärte daher am Mittwoch die Klage teilweise für erledigt – und zwar in Höhe von 0,09 Prozentpunkten.

An den beiden Verhandlungstagen in Hamm ging es zunächst darum, wie hoch die Gefahr für das Grundstück des peruanischen Bauern tatsächlich ist. Die Gutachten sollen die erste Beweisfrage des Gerichts klären, nämlich ob in den nächsten 30 Jahren eine ernsthafte Beeinträchtigung des Hausgrundstücksdurch eine Überflutung oder eine Schlammlawine droht. Am 30. November 2017 hatte das OLG einen entsprechenden Hinweis- und Beweisbeschluss erlassen (Az. 5 U 15/17). Bereits am ersten Tag der mündlichen Verhandlung war deutlich geworden, dass die Gutachter die Gefahr als sehr gering einschätzen. LTO hatte ausführlich berichtet.

Mit den Plädoyers ging am Mittwoch die mündliche Verhandlung zuende. Die Entscheidung will das Gericht am 14. April verkünden, so der Vorsitzende Richter Dr. Rolf Meyer.

Sachverständiger: Wahrscheinlichkeit für Flutwelle bei einem Prozent

Luciano Lliuya stützt seine Klage auf § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB. Demnach kann der Eigentümer von dem Störer die Unterlassung drohender Beeinträchtigungen seines Eigentums verlangen. Die entscheidende Frage ist damit, ob bereits jetzt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass es in absehbarer Zeit zu einem Schaden an seinem Haus kommt.

Die Gutachter halten eine von dem Gletschersee ausgehende Flutwelle, ausgelöst etwa durch eine Eislawine, für unwahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt von als realistisch eingeschätzten Überflutungsszenarien gaben sie für die kommenden 30 Jahre mit einem Prozent an. 

Kommt es doch zu einer Flutwelle, werde das Grundstück des Bauern nach Berechnungen der Gutachter höchstens 20 Zentimeter hoch überschwemmt. Dies mache der Bausubstanz nichts aus, hatte der Darmstädter Geowissenschaftler und Statiker Prof. Dr. Ing. Rolf Katzenbach am Montag vor Gericht gesagt.

Gegengutachten: Klimafaktor muss einbezogen werden

Die Anwälte und Gutachter des Peruaners widersprachen den Sachverständigen und warfen ihnen vor, das Risiko zu unterschätzen. "Es gibt verschiedene Indikatoren, die mir zeigen: Dieser Berg ist in Bewegung", sagte Geotechniker und Permafrost-Experte Lukas Arenson von der kanadischen Geotechnik-Beratungsgesellschaft BGC. So würden etwa Bergführer häufig Steinschlag beobachten. Auch könne ein von den Gutachtern als stabil beurteilter Felsen oberhalb des Sees durchaus abbrechen. Auch seien große Felsstürze möglich.

Arenson betonte die Auswirkungen der Erderwärmung auf den Permafrostboden, der oberhalb des Sees vorliegt. "Die Gebirgsfestigkeit nimmt durch die Permafrost-Erwärmung ab", sagte er. In der Folge komme es im Hochgebirge zu Instabilitäten. In die Wahrscheinlichkeitsberechnungen müsse daher ein Klimafaktor eingerechnet werden. Dann könne die Wahrscheinlichkeit für eine Flutwelle auf zehn oder gar 20 Prozent steigen. Die Sachverständigen entgegneten, dass der Klimawandel bereits in ihre Berechnungen, wonach die Wahrscheinlichkeit für die Flutwelle nur einen Prozentpunkt betrage, berücksichtigt sei.

Anwältin Verheyen warf den Sachverständigen vor, ihr Gutachten auf einer Betrachtung der Vergangenheit aufzubauen und die Folgen der Erderwärmung nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. Und selbst die  von den Gutachtern festgestellte Wahrscheinlichkeit von einem Prozent nannte sie "kein geringes Risiko". 

Urteil am 14. April

Unter den Zuhörerinnen und Zuhörern war auch die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer. "Der Fall von Saúl gegen RWE zeigt, dass die Hoffnung lebt und kämpft", hatte sie vor dem zweiten Verhandlungstag gesagt. Der Fall sei schon jetzt unabhängig vom Ergebnis historisch. "Er zeigt, dass Menschen auf der ganzen Welt bereit sind, den Kampf mit den fossilen Konzernen aufzunehmen."

Freshfields-Anwalt Dr. Moritz Becker, der RWE in dem Verfahren vertritt, sagte, dass die von den Sachverständigen festgestellte Eintrittswahrscheinlichkeit von einem Prozent in keinem Fall ausreichend sei, um einen Anspruch gegen den Konzern zu begründen. Es müssten mindestens 50 Prozent sein. Er sprach sich grundsätzlich gegen eine zivilrechtliche Klimahaftung aus. Zu Ende gedacht führte dies zu Klagen von jedem gegen jeden, so der Anwalt. Dieses Argument hatte der Vorsitzende Meyer allerdings schon am Montag mit deutlichen Worten kritisiert. "Das kann in der Bevölkerung Angst hervorrufen. Dabei ist es eindeutig falsch", sagte er. In jeder Anspruchsprüfung würden immer noch Adäquanz und Erheblichkeit eines individuellen Risikos berücksichtigt und damit auch die Frage, wie relevant der CO₂-Ausstoß Einzelner am Klimawandel ist.

So wird erst am 14. April feststehen, wie der Senat die Sachlage beurteilt. Wenn er ein hinreichendes Flutrisiko für Luciano Lliuyas Haus bejaht, würde er zur nächsten Beweisfrage und damit zur Frage nach der Verantwortlichkeit von RWE übergehen. Ist das Gericht dagegen der Auffassung, dass keine rechtlich relevante Gefahr für das Grundstück des Bergbauern besteht, wird es die Berufung zurückweisen.

Mit Material der dpa

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Klimaklage des peruanischen Bauern gegen RWE: . In: Legal Tribune Online, 19.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56828 (abgerufen am: 09.11.2025 )

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