AG Heilbronn: Erst­mals Haft­strafen ohne Bewäh­rung für Kli­maak­ti­visten

07.03.2023

Erstmals sind nach Angaben des AG Heilbronn zwei Klimaaktivisten zu kurzen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden - so will das Gericht "auf die Täterpersönlichkeit einwirken". Doch die Aktivisten klebten sich direkt nochmal fest.

Zwei Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation sind wegen einer Straßenblockade zu kurzen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden. Laut einer Sprecherin ist es die erste Haftstrafe ohne Bewährung für Aktivisten der Gruppe. Das Amtsgericht (AG) Heilbronn verhängte gegen die Männer Freiheitsstrafen von drei bzw. zwei Monaten, wie ein Gerichtssprecher am Dienstag sagte. Die Männer hatten sich am 6. Februar auf einer Straße in Heilbronn festgeklebt. Angeklagt waren sie wegen Nötigung.

Laut Gericht wurden drei weitere Aktivisten zu Geldstrafen von jeweils 60 Tagessätzen in unterschiedlicher Höhe verurteilt. Das strengere Urteil gegen die zwei Männer sei erforderlich zur "Einwirkung auf die Täterpersönlichkeit", sagte der Gerichtssprecher. Freiheitsstrafen unter sechs Monaten darf das Gericht nach § 47 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) nur in Ausnahmefällen verhängen, u.a., wenn besondere Umstände in der Persönlichkeit des Täters dafür sprechen.

Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr kann grundsätzlich nach § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Erforderlich hierfür ist eine positive Sozialprognose, d.h. dass zu erwarten ist, dass der Verurteilte künftig keine Straftaten mehr begeht. Die Männer hätten aber vor Gericht erklärt, dass sie mit den Aktionen weitermachen wollten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Auf Twitter veröffentlichte die Gruppe nach dem Urteil ein Video, das einen der Täter zeigen soll, der sich nach eigener Aussage trotz der gegen ihn verhängten Haftstrafe gleich wieder auf eine Straße geklebt hat. "Hi, ich bin Daniel, ich bin 22 Jahre alt und sitze heute wieder auf einer Straße in Heilbronn", sagte er. Er könne nicht akzeptieren, "dass wir untätig bleiben, angesichts der Klimakatastrophe."

 

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Die Letzte Generation fordert eine radikale Klimawende. Die Gruppe setzt sich für die Wiedereinführung des 9-Euro-Tickets, ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen sowie die Einberufung eines Gesellschaftsrats ein - mit dem Ziel, bis 2030 Nullemissionen zu erreichen. Die Klimaschutzgruppe bietet einen Stopp ihrer Proteste an, wenn die Bundesregierung auf ihre Forderungen eingeht. Die Oberbürgermeister in Hannover und Marburg haben zuletzt mit der Letzten Generation einen Stopp der Klebe-Proteste vereinbart. Die Klimaaktivisten wollen auch in Tübingen keine Protestaktionen durchführen, eine Einigung hatte es dort laut Oberbürgermeister Boris Palmer aber nicht gegeben.

Um ihren Zielen Nachdruck zu verleihen, setzt die Letzte Generation immer wieder auf Straßenblockaden und Beschmutzungen von Kunst. Über die strafrechtlichen Fragestellungen zum Nötigungs- und zu anderen Tatbeständen klärt LTO im Prüfungsspezial zu den Klimaprotesten auf.

dpa/bit/pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

AG Heilbronn: . In: Legal Tribune Online, 07.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51244 (abgerufen am: 02.10.2024 )

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