Schülerinnen muslimischen Glaubens müssen bis zum zwöften Lebensjahr grundsätzlich am Schwimmunterricht in der Schule teilnehmen. Dies entschied das OVG Bremen in einem am Freitag bekannt gewordenen Beschluss.
Für die Teilnahmepflicht am gemischtgeschlechtlichen Sportunterricht sei das Alter der Schülerin maßgeblich, so das Oberverwaltungsgericht (OVG). Nach Einsetzen der Pubertät, jedenfalls aber nach Vollendung des zwölften Lebensjahres, erkenne die Rechtsprechung für Schülerinnen muslimischen Glaubens einen Befreiungsanspruch an, wenn die Teilnahme an diesem Unterricht sie in einen persönlichen Gewissenskonflikt bringe.
Diese Rechtsprechung könne nicht auf Schülerinnen, die die Primarstufe besuchten, übertragen werden. Im Grundschulalter könne im Allgemeinen noch nicht angenommen werden, dass der gemischtgeschlechtliche Sportunterricht bei den Schülerinnen einen Gewissenskonflikt hervorrufe. In der Primarstufe habe dieser Unterricht eine elementare Bedeutung für die Einübung sozialer Grundregeln (Beschl. v. 13.06.2012, Az. 1 B 99/12).
Schwimmen im Ganzkörperbadeanzug
Die Eltern des Mädchens hatten zu Beginn des dritten Schuljahres eine Befreiung vom Schwimmunterricht beantragt. Sie machten geltend, dass nach einer strengen Auslegung des Korans, die sie für richtig hielten, die islamischen Bekleidungsvorschriften bereits für Mädchen ab einem Alter von achteinhalb Jahren gelten würden. Ihre Tochter dürfe zwar in einer weitgeschnittenen Kleidung am gemischtgeschlechtlichen Sportunterricht, nicht aber am Schwimmunterricht für Jungen und Mädchen teilnehmen.
Die Grundschule lehnte die Befreiung ab. Die Eltern sind mit ihrem Versuch, die Befreiung im Wege einer einstweiligen Anordnung vor Gericht durchzusetzen, sowohl vor dem Verwaltungsgericht als auch jetzt vor dem OVG gescheitert.
Die Bremer Richter hoben in ihrer Entscheidung hervor, dass den Eltern angeboten worden sei, ihre Tochter in einem Ganzkörperbadeanzug am Schwimmunterricht teilnehmen zu lassen. Dieses Angebot sei dazu geeignet, den Konflikt zwischen Schule und Elternhaus in angemessener Weise zu lösen.
tko/LTO-Redaktion
OVG Bremen zur Religionsfreiheit: . In: Legal Tribune Online, 22.06.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6454 (abgerufen am: 08.11.2024 )
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