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KG zur Werbung für Schwangerschaftsabbrüche: Jede Zusatz­in­for­ma­tion ist zu viel

02.12.2019

Arzt mit Medikamenten und Skalpell

(c) shidlovski/stock.adobe.com

Auch nach der umstrittenen Reform des § 219a StGB ist jeder Hinweis, der über die bloße Information der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen hinausgeht, eine strafbare Werbung. Das KG bestätigte die Verurteilung einer Frauenärztin.

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Im Juni dieses Jahres hatte das Amtsgericht Tiergarten (AG) eine Frauenärztin zu einer Geldstrafe verurteilt. Sie hatte sich danach wegen unzulässiger Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch nach § 219a Strafgesetzbuch (StGB) strafbar gemacht. Dieses Urteil bestätigte nun das Kammergericht (KG) in Berlin (Urt. v. 19.11.2019, Az. 3 - 80+81/19).

Die angeklagte Frauenärztin betreibt eine Praxis in Berlin. Sie führt dort auch Schwangerschaftsabbrüche durch, worauf sie auf der Internetseite der Praxis hinweist. Dieser Hinweis enthält die Zusatzinformationen, dass "medikamentöse, narkosefreie" Schwangerschaftsabbrüche "in geschützter Atmosphäre" angeboten würden. Für diesen Zusatz war die Ärztin vom AG Tiergarten nach § 219a StGB (Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft) verurteilt worden. 

Dieses Urteil bestätigte das KG nun. Durch die Zusätze über die Art und Weise der Durchführung des Schwangerschaftsabbruchs sah das Gericht den Tatbestand der unzulässigen Werbung erfüllt. Mit der Einführung des umtrittenen § 219a Abs. 4 StGB habe der Gesetzgeber lediglich die bloße "neutrale Informationsbereitstellung" entkriminalisieren wollen. Frauen in Konfliktlagen habe er ermöglichen wollen, sich ohne Zeitverzögerung über die Ärzte und Einrichtungen kundig zu machen, wo sie straffrei Abbrüche vornehmen können, so die Berliner Richter. "Ausgehend von dieser Motivation des Gesetzgebers bleiben alle Zusatzinformationen, die über die bloße Tatsache der Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen oder Hinweise auf Informationen der in § 219a Abs. 4 Nr. 2 StGB genannten Institutionen hinausgehen, weiterhin strafbewehrt", heißt es in der Entscheidung.

Eine andere Auslegung des § 219a StGB sei auch von Verfassungs wegen nicht geboten, führten die Richter weiter aus. So läge zwar ein Eingriff in die Berufsfreiheit der Ärzte aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vor. Dieser sei aber minimal und außerdem angesichts des verfolgten gesetzgeberischen Zwecks, nämlich der Kommerzialisierung und Darstellung von Schwangerschaftsabbrüchen als etwas Normales entgegenzuwirken, hinzunehmen. 

ast/LTO-Redaktion

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KG zur Werbung für Schwangerschaftsabbrüche: . In: Legal Tribune Online, 02.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38995 (abgerufen am: 13.11.2025 )

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