Erhebliche Kosten und hohe bürokratische Hürden: So sieht die Realität aus, wenn Bahn- und Fluggäste Entschädigungsansprüche durchsetzen wollen, findet man in Hamburg. Auf der JuMiKo wird es deshalb einen Beschlussvorschlag geben.
Hamburg möchte die Rechte der Passagiere im Flug- und Bahnverkehr stärken. In einem Beschlussvorschlag für die Justizministerkonferenz (JuMiKo) am 10. November 2023 in Berlin fordert Justizsenatorin Anna Gallina, Entschädigungsansprüche effektiv durchzusetzen. Gleichzeitig sollen die Gerichte bei Fluggastklagen entlastet werden. "Bei Entschädigungsansprüchen gibt es immer noch erhebliche Kosten und bürokratische Hürden für Bahn- und Flugpassagiere. Erst der Ärger über Verspätungen und Ausfälle, dann das Gezerre um Entschädigung – das ist leider oft die Realität", sagt die Justizsenatorin. Ein Beschlussvorschlag aus Hamburg gerichtet an die JuMiKo fordert nun gesetzgeberische Maßnahmen, um die Durchsetzung bestehender Ansprüche zu erleichtern.
Entlastung der Gerichte durch automatisierte Entschädigungsverfahren
Ziel des Beschlussvorschlages ist es auch, die Belastung der Gerichte mit Fluggastklagen zu begrenzen. Man sehe die Flut an Klagen an den Gerichten, die sich mit den Entschädigungsansprüchen beschäftigen müssen. "Hier müssen wir rechtlich nachschärfen", betont die Justizsenatorin. Bereits im Jahr 2020 hatte sich die Justizministerkonferenz für ein automatisiertes Entschädigungsverfahren ausgesprochen – durch Legal-Tech-Anwendungen, die verpflichtend von den Flug- und Bahngesellschaften vorgehalten werden sollten. Allerdings stehen konkrete Gesetzesinitiativen zum automatisierten Entschädigungsverfahren auf Bundes- bzw. EU-Ebene noch aus.
Einrichtung von Anlaufstellen für Entschädigungsansprüche
Der Bundesjustizminister soll durch den Beschlussvorschlag auch dazu aufgefordert werden, durch rechtliche Maßnahmen faktische Hürden für die Geltendmachung von Ansprüchen abzubauen. Ein Problem besteht nach Hamburger Auffassung darin, dass den Passagieren eine Anlaufstelle in den Bahn- bzw. Flugunternehmen fehlt, bei der sie Ansprüche geltend machen können, gerade bei grenzüberschreitenden Buchungen. Möglich wäre hier, die Beförderungsunternehmen zu verpflichten, an geeigneter Stelle nicht nur über das Bestehen ihrer Ansprüche aufzuklären, sondern zugleich eine Kontaktperson einschließlich eines Zustellungsbevollmächtigten für gerichtliche Maßnahmen zu benennen.
"Zivilrechtlicher Abschreckungsmechanismus" für Zahlungsverzögerer
Außerdem wünscht man sich in Hamburg, dass den Beförderungsunternehmen noch stärker der finanzielle Anreiz genommen wird, Auszahlungen hinauszuzögern. "Selbst bei eindeutigen Fällen kann es passieren, dass Fluggesellschaften erst spät zahlen, teilweise auch erst, wenn gerichtliche Maßnahmen eingeleitet werden. Viele Passagiere lassen sich davon abschrecken und verzichten am Ende auf das, was ihnen eigentlich zusteht", so Gallina. Hier könne das Zivilrecht angepasst werden, um Unternehmen zu fristgerechten Zahlungen zu drängen. Zu prüfen wäre, ob ein solcher "zivilrechtlicher Abschreckungsmechanismus" national eingeführt werden kann oder gegebenenfalls auf Europa-Ebene zu verankern ist.
mw/LTO-Redaktion
Beschlussvorschlag für die Justizministerkonferenz: . In: Legal Tribune Online, 16.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52926 (abgerufen am: 06.10.2024 )
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