Der BGH hat entschieden: Verbraucherschutzverbände dürfen Datenschutzverstöße zivilrechtlich verfolgen lassen. Ein jahrelanger Streit um Facebooks "App-Zentrum" stärkt nun den digitalen Verbraucherschutz.
Facebook, heute Meta, verstößt gegen die Datenschutzvorgaben der EU, indem es Nutzerdaten weitergibt – ohne die Nutzer ausreichend zu informieren. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte geklagt - und das durfte er auch: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Verbraucherschutzverbände in solchen Fällen klagebefugt sind (Urt. v. 27.03.2025, Az. I ZR 186/17).
Der Fall geht auf das Jahr 2012 zurück, als Facebook ein sogenanntes "App-Zentrum" auf seiner Plattform betrieb. Dort konnten Nutzer kostenlose Online-Spiele von Drittanbietern spielen. Wer auf den Button "Sofort spielen" klickte, erlaubte den jeweiligen Apps nicht nur, Inhalte in seinem Namen zu posten, sondern auch, sensible Daten wie die eigene E-Mail-Adresse und Statusmeldungen an die Drittanbieter weiterzugeben. Unter dem Button wurde folgender Hinweis angezeigt: "Durch das Anklicken von ‘Spiel spielen’ oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine E-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr."
Der Vzbv argumentierte, dass Facebook damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen habe, da die Nutzer nicht hinreichend darüber informiert worden seien, welche personenbezogenen Daten konkret weitergegeben wurden und zu welchem Zweck. Die mangelnde Transparenz verletze die Informationspflichten aus der DSGVO und führe dazu, dass die Nutzer keine informierte Einwilligung erteilen konnten.
EuGH gab Richtung vor
Zuerst hatte das Landgericht (LG) Berlin Facebook im Oktober 2014 zur Unterlassung verurteilt. Die praktizierte Präsentation, bei der Nutzer mit dem Betätigen eines Buttons wie "Spiel spielen" die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des Spiels über Facebook als soziales Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und im Namen der Nutzer posten darf, war nach Ansicht des Gerichts unzulässig.
Auch beim KG hatte Facebook keinen Erfolg. Das Verfahren über die vom Berufungsgericht zugelassene Revision setzte der BGH dann erst einmal aus, um eine Entscheidung des EuGH abzuwarten. 2019 entschieden die Richter in Luxemburg dann in Bezug auf eine Vorlage des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf in einer anderen Sache, dass die Betreiber von Webseiten, die den Gefällt-mir-Button von Facebook auf ihren Seiten einbinden, gemeinsam mit dem Internetunternehmen für die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben verantwortlich sind.
Schließlich entschied der EuGH im Jahr 2022 in der konkreten Sache, dass Verbraucherschutzverbände auch dann gegen Datenschutzverstöße klagen können, wenn sie keine ausdrückliche Beauftragung durch betroffene Nutzer haben. Im Juli 2024 stellte er zudem klar, dass dieses Verbandsklagerecht auch für Fälle gilt, in denen es um Verstöße gegen die Informationspflichten aus Art. 12 DSGVO geht. Der BGH übernahm diese Rechtsprechung nun in seinem Urteil und wies die Revision von Meta zurück.
"BGH-Urteil stärkt den Verbraucherschutz"
Der BGH bestätigte, dass Verbraucherschutzverbände auf Grundlage von § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) und § 8 Abs. 3 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), in Verbindung mit Artikel 80 Abs. 2 DSGVO berechtigt sind, Verstöße gegen die DSGVO gerichtlich geltend zu machen. Beide Normen gehören zu den Verbandsklagenormen des deutschen Rechts: Sie ermöglichen es qualifizierten Einrichtungen, Rechtsverstöße im kollektiven Interesse zu verfolgen. Während § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG sich auf unlauteren Wettbewerb bezieht, erlaubt § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG Klagen gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Der vzbv begrüßte das Urteil ausdrücklich. Jutta Gurkmann, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik des vzbv, kommentierte: “Das BGH-Urteil stärkt den Verbraucherschutz im digitalen Verbraucheralltag. Viel zu oft stehen Verbraucher:innen datenhungrigen Anbietern im Internet hilflos gegenüber. Immer wieder ignorieren Anbieter Datenschutzpflichten und damit Datenschutzrechte von Verbraucher:innen. Hier braucht es neben den Datenschutzbehörden starke klagebefugte Verbraucherschutzverbände an der Seite der Verbraucher:innen."
Meta wurde vor dem BGH vertreten durch Prof. Dr. Christian Rohnke. Die Verbraucherzentrale wurde vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Joachim Kummer und Peter Wassermann.
xp/LTO-Redaktion
Meta verliert vor dem BGH: . In: Legal Tribune Online, 27.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56884 (abgerufen am: 30.04.2025 )
Infos zum Zitiervorschlag