BGH prüft Vertragsmodell von Studienplatzvermittlerin: 11.000 Euro fürs Doch-Nicht-Stu­dieren?

von Xenia Piperidou

24.04.2025

Ein Vermittler findet den Wunsch-Medizinstudienplatz im Ausland – der Bewerber tritt aber nicht an. Muss er trotzdem über 11.000 Euro Vermittlungsgebühr zahlen? Ein Streit um das Erfolgshonorar beschäftigt den BGH. Makler- oder Dienstvertrag?

In Deutschland denkt man bei Medizin-Studienplätzen wohl eher an eine rar gewordene Währung als an eine einfache Bildungsoption. Kein Wunder also, dass Vermittlungsfirmen das Geschäft wittern – bis das Kleingedruckte vor Gericht landet.

So auch im Fall eines jungen Mannes, der 2022 mit Hilfe der Studienplatzvermittlerin StudiMed einen Studienplatz in Humanmedizin an der Universität Mostar in Bosnien erhielt – zumindest auf dem Papier. Nachdem er sich jedoch aus gesundheitlichen Gründen gegen das Studium entschied, stellte die Vermittlerin dennoch ein Honorar von 11.198,67 Euro in Rechnung. Begründung: Der Platz sei ja schließlich "organisiert" worden – ob der Mann nun dort studieren wolle oder nicht.

Der Fall zog durch zwei Instanzen und wurde in beiden Fällen zugunsten des Klägers entschieden. Doch nun liegt die Angelegenheit beim Bundesgerichtshof (BGH), der klären muss, ob das Modell der Vermittlerin überhaupt rechtlich tragfähig ist (Az. I ZR 160/24). Am Donnerstag wurde in Karlsruhe mündlich verhandelt.

Studienplatz ja, Studienbeginn nein – trotzdem zahlen?

Der Hintergrund: Vermittlungsdienste wie der Kläger bieten ein Komplettpaket für Studieninteressierte an, die ein Studium im Ausland anstreben – von der Bewerbung über Vorbereitungskurse bis hin zu den Aufnahmetests. Das Honorar von mehreren Tausend Euro wird jedoch bereits dann fällig, wenn ein Studienplatz vergeben wurde – unabhängig davon, ob der Bewerber diesen Platz letztlich annimmt.

Ob dies rechtlich zulässig ist oder ob die Zahlung erst bei tatsächlichem Studienbeginn erfolgen muss, ist entscheidend. Der BGH muss nun die Frage beantworten, ob ein solcher Vertrag auf dieser Grundlage überhaupt rechtens ist.

Maklervertrag oder Dienstvertrag?

Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte den Vertrag als Maklervertrag mit dienst- und werkvertraglichen Elementen im Sinne von § 652 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eingeordnet – also als Vertrag, bei dem das Honorar nur bei tatsächlichem Erfolg fällig wird. Der Erfolg wäre in diesem Fall nicht der bloße Erhalt einer Zulassung, sondern der Studienbeginn. Das OLG befand, dass eine Honorarregelung, die nur an die Zusage der Universität anknüpft, ohne den tatsächlichen Studienbeginn abzuwarten, unzulässig ist. Diese Regelung verstoße gegen § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB, also gegen das AGB-Recht, weil sie den Kunden unangemessen benachteilige und ein Risiko auf ihn abwälze, das nach den Grundsätzen des Maklerrechts eigentlich bei der Vermittlerin liegen müsse.

Die Vorschrift des § 652 Abs. 1 BGB besagt, dass ein Makler nur dann einen Anspruch auf seinen Lohn hat, wenn der Vertrag aufgrund seiner Vermittlung zustande kommt – das heißt, es reicht nicht aus, wenn der Studienplatz nur zugeteilt wird, sondern der Bewerber müsste das Studium auch tatsächlich beginnen. Die Klägerin hätte somit nur dann Anspruch auf das Honorar, wenn der Bewerber den Studienplatz annimmt und das Studium tatsächlich aufnimmt. Die von der Vermittlerin vorgesehene Regelung, das Honorar bereits mit der Zusage des Studienplatzes zu verlangen, widerspricht den Grundsätzen dieser Vorschrift.

Die Gegenseite: Ein Dienstvertrag mit viel Aufwand?

Die Klägerin sah den Vertrag hingegen als Dienstvertrag an, bei dem die Honorarregelung unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme des Studiums zur Anwendung komme. Ihre Argumentation: Sie habe den Bewerber im Rahmen ihrer vertraglichen Pflichten unterstützt, und dafür müsse sie auch entlohnt werden – unabhängig davon, ob der Studienplatz tatsächlich in Anspruch genommen wird.

Doch auch bei Dienstverträgen, die nicht unbedingt einen konkreten Erfolg als Ziel setzen, müssen Klauseln, die für eine pauschale Vergütung sorgen, mit den Anforderungen des AGB-Rechts (§ 307 Abs. 1 BGB) übereinstimmen. Hier stellt sich die Frage, ob eine pauschale, erfolgsunabhängige Vergütung unangemessen ist, wenn der Kunde gezwungen wird, eine Leistung zu bezahlen, die er niemals genutzt hat. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB geht davon aus, dass eine unangemessene Benachteiligung vorliegt, wenn eine Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist. In diesem Fall könnte gemäß § 307 Abs. 1 BGB die Klausel als unangemessen benachteiligend angesehen werden, da die Klägerin das Risiko, das grundsätzlich bei ihr als Vermittlerin liegt, auf den Kunden abwälzt.

Zusage oder tatsächlicher Studienbeginn? Der BGH entscheidet im Juni

Die Grundsatzfrage lautet also: Ist die Klausel, die bereits bei einer Zusage des Studienplatzes das volle Honorar fordert, rechtlich zulässig? Dies hängt davon ab, ob es sich um einen klassischen Maklervertrag handelt, bei dem das Honorar erst bei erfolgreichem Abschluss des Studienvertrages fällig wird, oder ob der Vertrag als Dienstvertrag mit einem pauschalen Honoraranspruch qualifiziert wird, der unabhängig vom tatsächlichen Studienbeginn gezahlt werden muss.

StudiMed-Geschäftsführer Hendrik Loll erklärte bei der Verhandlung in Karlsruhe am Donnerstag, seine Firma berate die Familien, kümmere sich um Bewerbungsunterlagen, bereite Bewerber auf naturwissenschaftliche Aufnahmetests vor und biete Betreuung vor Ort. Die Studiengebühr - also auch das Erfolgshonorar - liege zwischen 8.000 und 15.000 Euro. "Ob der Bewerber den Platz dann auch tatsächlich annimmt, ist kein zusätzliches Risiko, das wir übernehmen möchten."

Lolls Anwalt hob auf das Gesamtpaket ab. Die Leistungen seien etwas anderes als bei einem Grundstücksmakler. "Das muss man ja berücksichtigen." Gerade weil der Bewerber im konkreten Fall mit einer Abinote von 3,0 nicht für ein Medizinstudium prädestiniert sei, müsse er zum Beispiel einen Vorbereitungskurs absolvieren. Es handle sich schwerpunktmäßig also um einen Dienstvertrag.

Der Anwalt des Studenten entgegnete, bei der Prüfung müsse man von einem Verständnis ausgehen, das rechtliche Laien haben. "Die kundenfreundlichste Auslegung ist zweifellos die Auslegung als Maklervertrag."

Nun liegt die Entscheidung beim Bundesgerichtshof, der am 5. Juni 2025 sein Urteil verkünden will.

 

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

BGH prüft Vertragsmodell von Studienplatzvermittlerin: . In: Legal Tribune Online, 24.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/57060 (abgerufen am: 22.05.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen