Wer sich fit hält, soll nach dem Tarif der Generali-Tochter Dialog durch Rabatte auf den Versicherungsbeitrag belohnt werden. Allerdings sieht der BGH Änderungsbedarf: Zwei Klauseln haben einer Inhaltskontrolle nicht standgehalten.
Wer sich für seine Gesundheit so richtig ins Zeug legt und auch bereit ist, seine Aktivität überwachen zu lassen, der wird von einigen Versichern mit niedrigeren Prämien belohnt. Durch Telematik – ein Mix aus "Tele(kommunikation)" und "(Infor)matik" – ziehen einige Versicherungen Daten zur Lebensweise ein und bewertet diese. Je besser die Bewertung der Gesundheits- und Fitnessdaten ausfällt, desto höher der Nachlass auf die Versicherungsprämie.
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich nun erstmals mit Telematiktarifen befassen. Der Bund der Versicherten (BdV) hat gegen mehrere Klauseln eines solchen Tarifs der Dialog Lebensversicherungen, einer Tochtergesellschaft der Generali, geklagt – mit Erfolg. Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe stellten fest, dass zwei Klauseln einer Inhaltskontrolle nicht standhalten (Urt. v. 12.06.2024, Az. IV ZR 437/22).
Bronze, Silber, Gold oder Platin
Im konkreten Fall hat der BdV gegen den Vitality-Tarif der Generali-Tochter Dialog Lebensversicherungen geklagt, der die Mitgliedschaft in dem Gesundheitsprogramm der Generali voraussetzt. Versicherte sammeln dort Punkte, wenn sie zum Beispiel Sport machen oder zum Arzt gehen. Die Daten werden über eine App erfasst, als Belohnung für ein gesundheitsbewusstes Leben winken attraktive Prämien wie Gutscheine und Vergünstigungen bei Partnerunternehmen. Bis zu 480 Euro Cashback für eine Apple Watch lobt die Generali beispielweise dafür aus. Wenn das nicht mal zum Sport anregt.
Je nach Punktezahl erhalten Versicherte zudem den Status "Bronze", "Silber", "Gold" oder "Platin", der wiederum Auswirkungen auf die Höhe der zu zahlenden Versicherungsprämie hat. Wer den Platin- oder Gold-Status erreicht, zahlt weniger als im Vorjahr. Über Veränderungen des zu zahlenden Beitrags werden Kundinnen und Kunden informiert, schreibt die Versicherung.
BdV moniert unfaires und intransparentes Verhalten
Der BdV wandte sich gegen mehrere Regelungen des Tarifs und kritisierte sie unter anderem als intransparent. So könnten die Verbraucher etwa "nicht genau in Erfahrung bringen, welches konkrete Verhalten zu welchen tatsächlichen Vergünstigungen führt", sagt BdV-Vorstand Rehmke. Außerdem werde verschleiert, dass die sogenannte Überschussbeteiligung der Versicherten auch trotz gesundheitsbewussten Verhaltens ausbleiben könne, wenn der Versicherer nicht ausreichend Erträge erziele.
Unfair sei auch, dass entsprechende Aktivitäten nicht berücksichtigt würden, wenn die Fitnessdaten zu spät geliefert würden - "egal, ob das die Kundin versäumt hat oder die Technik beim Versicherer versagt hat", so Rehmke. Der BGH gab der Kritik des BdV nun im Wesentlichen recht.
Verspätete Mitteilung über sportliche Aktivität darf nicht schaden
Dem Verbraucher werde nicht hinreichend erklärt, nach welchen Maßstäben die Vergünstigungen über eine sogenannte Überschussbeteiligung zustande kämen, so die Karlsruher Richterinnen und Richter. Die entsprechende Klausel sei intransparent und daher unwirksam (§ 307 Abs. 1 S. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Neben der Klausel zur Überschussbeteiligung stand auch eine Regelung zur Übermittlung der Gesundheitsdaten im Fokus des Verfahrens. Danach wurden entsprechende gesundheitsbewusste Aktivitäten nicht berücksichtigt, wenn die Fitnessdaten zu spät geliefert wurden. Eine solche Klausel ist nach Ansicht des Senats allerdings unwirksam, weil sie den Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Versicherungsnehmer dürfe nicht automatisch benachteiligt werden, soweit er es versäumt, sein gesundheitsbewusstes Verhalten mitzuteilen.
Selbst wenn das Ausbleiben dieser Mitteilung nicht die Schuld des Versicherungsnehmers gewesen ist oder gar niemand dafür verantwortlich war, wurde angenommen, dass ein solches Verhalten nicht vorhanden war. Das ist unfair gegenüber dem Versicherungsnehmer, stellt der BGH klar. Er trage das Risiko, selbst wenn andere oder niemand für das Ausbleiben der Mitteilung verantwortlich sind.
Vitality-Programm bleibt erst einmal
Generali betonte nach der Verkündung, ihr Vitality-Gesundheitsprogramm selbst sei nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen und vom BGH auch nicht grundsätzlich infrage
gestellt worden. "Insofern bestätigt das Urteil den Grundsatz der Vertragsfreiheit, wonach jeder im Rahmen der bestehenden Gesetze frei entscheiden kann, wie und bei wem er oder sie sich versichert", so das Unternehmen.
Die beiden in dem Verfahren monierten Klauseln wolle man entsprechend anpassen und die nach eigenen Angaben knapp 100 betroffenen Kunden anschreiben.
xp/dpa/LTO-Redaktion
BGH-Urteil stärkt Versicherte: . In: Legal Tribune Online, 13.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54765 (abgerufen am: 11.12.2024 )
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