Neue Beweise aufgetaucht: Frei­ge­spro­chener Isla­mist erneut belastet

07.09.2016

Ein Islamist ist vom Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat freigesprochen worden. Nun tauchen neue Beweise auf, die den ursprünglichen Verdacht wieder nähren. Aber kann es einen neuen Prozess geben?

"Bedauerlich" sei das, gab der Düsseldorfer Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück zu. Das dürfte wohl der Reaktion vieler Strafverfolger entsprechen, wenn nach einem Freispruch verspätet belastendes Material gegen den Angeklagten auftaucht.

So geschehen im Fall eines Islamisten aus Mönchengladbach, der Anfang Mai wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden ist. Er hatte seine schwangere Verlobte und ihren Sohn unter anderem durch Schlagen und Würgen misshandelt. Angeklagt war damals auch die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Strafgesetzbuch (StGB), welche ihm aber letztlich nicht nachgewiesen werden konnte. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. 

Dem 31-Jährigen wurde vorgeworfen, er habe sich in einem Trainingslager des sogenannten Islamischen Staats (IS) in Syrien ausbilden lassen. Später sei er dann mit einer Kampfverletzung am Bein zurückgekehrt. Dies ließ sich aber im Prozess nicht zur Überzeugung des Gerichts belegen.

Neue Beweise für Kontakte zum IS

Nun ist allerdings ein Registrierungsbogen des IS aufgetaucht, der die Einreise des Mannes ausweist. Dies berichteten am Dienstagabend Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR. Demnach sind die neuen Informationen von den Ermittlern an die Bundesanwaltschaft weitergeleitet worden, die nun zu prüfen wird, ob aufgrund dieser Erkenntnisse erneut Anklage erhoben werden kann.

Dem könnte der Strafklageverbrauch entgegenstehen. Das Doppelbestrafungsverbot (ne bis in idem) des Art. 103 Abs. 3 Grundgesetz (GG) ist ein eherner rechtsstaatlicher Grundsatz. Es untersagt die mehrfache Verfolgung einer Tat und impliziert auch Tatvorwürfe, von denen der Betroffene freigesprochen wurde. Tat in diesem Sinne, die nach einem Freispruch nicht erneut angeklagt werden dürfte, ist die prozessuale Tat im Sinne eines einheitlichen Lebensvorgangs.

In Betracht gezogen wird laut WDR nun eine Anklage wegen der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung nach § 129b StGB. So könnte das Problem des Strafklageverbrauchs möglicherweise umgangen werden.

Nach dem Bericht des WDR war der Mann den nordrhein-westfälischen Behörden schon länger als radikaler Islamist bekannt. Er bewegte sich demnach im Umfeld des prominenten Salafisten Sven Lau, der seit Dienstag ebenfalls wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor Gericht steht.

mam/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Neue Beweise aufgetaucht: . In: Legal Tribune Online, 07.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20506 (abgerufen am: 04.10.2024 )

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