Seit Russlands Angriff auf die Ukraine tobt die Debatte über den Umgang mit russischen Sportlern. Jetzt hat das IOC die Athleten aus Russland und Belarus zu den Sommerspielen zugelassen. Flagge zeigen dürfen sie allerdings nicht.
231 Tage vor der Olympia-Eröffnungsfeier hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) Russlands Sportlern den Weg nach Paris geebnet. Die IOC-Spitze erteilte Einzelsportlern aus Russland und Belarus am Freitag unter bestimmten Auflagen die Starterlaubnis für die Sommerspiele 2024, sofern sie die Qualifikationsbedingungen erfüllen. Damit folgte das IOC um Präsident Bach einer Aufforderung der internationalen Sommersportverbände und der Nationalen Olympischen Komitees, endlich eine Entscheidung in dieser seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine umstrittenen Frage zu treffen.
Bedingung ist wie bereits für die Rückkehr in internationale Wettbewerbe, dass Russen und Belarussen nur unter neutraler Flagge in Paris dabei sein dürfen. Mannschaften sind nicht zugelassen. Damit darf für die Starter aus Russland und Belarus auch ihre Nationalhymne nicht bei Olympia in Paris gespielt werden, nationale Symbole und Fahnen sind für sie ebenso untersagt.
Außerdem dürfen diese Athleten keine Verbindung zur Armee und den Sicherheitsorganen haben und nicht aktiv ihre Unterstützung für den Krieg in der Ukraine gezeigt haben. Unklar blieb, wie diese Zugangsbeschränkung flächendeckend geprüft und abgesichert werden soll. Zudem müssen die Anti-Doping-Richtlinien erfüllt sein – auch das eine Vorgabe, deren Umsetzung dem Weltsport bei Russlands langem Doping-Sündenregister noch Debatten bescheren dürfte.
Als zusätzliche Auflage fordert das IOC von allen Athleten ein schriftliches Bekenntnis zur Olympischen Charta und damit auch zur "Friedensmission der olympischen Bewegung". Bislang wären nach IOC-Angaben acht Russen und drei Belarussen für Olympia in Paris qualifiziert.
Kritik aus der Ukraine an umstrittener Zulassung
Wadym Hutzajt, Chef des ukrainischen Olympischen Komitees, hatte kurz vor dem IOC-Beschluss noch die Forderung nach einem Komplett-Ausschluss russischer Sportler bekräftigt. Ein Bann müsse so lange gelten, "bis die russischen Truppen aus der Ukraine abgezogen wurden und die territoriale Integrität der Ukraine innerhalb seiner international anerkannten Grenzen wiederhergestellt ist".
In Russland wurde der IOC-Entscheid dagegen erwartungsgemäß begrüßt. "Ich bin sehr froh, dass das IOC eine menschliche Entscheidung getroffen hat", sagte die frühere Eiskunstlauf-Startrainerin Tatjana Tarassowa dem Portal Sport Express. "Das ist ein großer Sieg", fügte Tarassowa hinzu.
Nach Russlands Angriff auf die Ukraine waren Russen und Belarussen zunächst von internationalen Sportwettbewerben ausgeschlossen worden. Belarus unterstützt Russland in dem Konflikt. Bereits im Frühjahr hatte das IOC beiden Ländern aber wieder die Tür zu den großen Sportbühnen geöffnet und den Rahmen für die Teilnahme an Wettkämpfen festgelegt. So sollte es den Sportlern auch ermöglicht werden, die Qualifikationskriterien für die Sommerspiele zu erfüllen.
Die Entscheidung über die Olympia-Teilnahme hatte sich der Dachverband bis zuletzt offen gelassen. Im September hob auch das Internationale Paralympische Komitee seinen Komplett-Bann gegen Russland auf und erlaubte russischen Behindertensportlern unter neutraler Flagge den Start bei den Paralympics in Paris. Dies wurde bereits als Vorbote für einen entsprechenden Entschluss des IOC gewertet.
DOSB begrüßt Entscheidung
Auch der Deutsche Olympische Sportbund hatte zuletzt seinen Kurs unter Verweis auf die Mehrheitsmeinung im internationalen Sport geändert und für einen Start von Russen und Belarussen in Paris plädiert. "Wir begrüßen die Aufrechterhaltung der strikten Sportsanktionen gegen Russland und Belarus sowie die nun herrschende Klarheit", sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert in einer ersten Reaktion am Freitag. Mit Blick auf die vom IOC benannten Bedingungen fügte er hinzu: "Jetzt gilt es, diese Auflagen weiterhin konsequent umzusetzen."
Auch der jüngste Zwist zwischen dem IOC und Russland verhinderte die Olympia-Zulassung nicht. Wegen der Aufnahme regionaler Sportverbände in besetzten ukrainischen Gebieten in das Nationale Olympische Komitee Russlands (ROC) hatte die IOC-Exekutive das ROC suspendiert. Die Entscheidung vom 5. Oktober, die regionalen Sportverbände Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischja aufzunehmen, verletze die Olympische Charta, weil sie die territoriale Integrität des ukrainischen olympischen Komitees missachte, hieß es zur Begründung.
Das IOC verwies im Zuge seiner Entscheidung darauf, dass neben den Sommersportverbänden, vielen Athleten und Olympia-Komitees auch viele Regierungen seinen Kurs unterstützen würden. Zudem habe die Welt-Anti-Doping-Agentur festgestellt, dass Dopingkontrollen in Russland trotz des Krieges gesichert seien. Mehr als 10.500 Tests seien in diesem Jahr bei russischen Sportlern vorgenommen worden.
Der Vorstandschef der Nationalen Anti-Doping-Agentur, Lars Mortsiefer, hatte dagegen zuletzt anhaltende Kontrolllücken befürchtet und von "großen Bauchschmerzen" bei einer Olympia-Starterlaubnis für russische Sportler gesprochen.
dpa/mk/LTO-Redaktion
IOC-Zulassung für 2024 unter Auflagen: . In: Legal Tribune Online, 08.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53379 (abgerufen am: 13.10.2024 )
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