Eine vermeintlich selbstständige OP-Krankenschwester ist nicht so frei, wie sie meint. Denn bei einer Fachkrankenschwester im Operationsdienst "ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese abhängig beschäftigt ist", entschied das Hessische Landessozialgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil.
Eine Krankenschwester, die als freie Mitarbeiterin im Klinikum angestellt, jedoch in den Klinkbetrieb eingegliedert und weisungsgebunden ist, kann nicht als Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung eintreten. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Hessen in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil entschieden (Az. L 8 KR 84/13).
Die Frau war über viele Jahre als angestellte Krankenschwester tätig. 2008 schloss sie mit dem Universitätsklinikum Mainz einen Dienstleistungsvertrag. Hiernach sollte sie als freie Mitarbeiterin Dienstleistungen gemäß dem Berufsbild einer Fachkrankenschwester im Operationsdienst erbringen.
Vertraglich vereinbart wurde, dass sie keine Arbeitnehmerin im sozialversicherungs-, steuer- und arbeitsrechtlichen Sinne ist und keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hat. Von Oktober 2008 bis Mai 2009 arbeitete sie wöchentlich ca. 44 Stunden zu einem festen Stundenlohn für das Klinikum, das weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge für die Frau entrichtete.
Noch vor Aufnahme dieser Tätigkeit beantragte die Krankenschwester als Selbstständige die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zur Begründung gab sie an, dass sie weder bestimmte Arbeitszeiten noch inhaltliche Weisungen einhalten müsse und insoweit mit einem selbstständigen Handwerker vergleichbar tätig sei.
Die Rentenversicherung lehnte den Antrag ab und stellte fest, dass die Krankenschwester in den Klinikbetrieb eingegliedert sowie weisungsgebunden tätig sei. Daher übe sie eine abhängige Beschäftigung aus und sei in der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung pflichtversichert.
Weisungsfreie Tätigkeit im OP quasi ausgeschlossen
Das LSG Hessen gab der Rentenversicherung Recht. Die klagende Krankenschwester sei – ebenso wie die anderen festangestellten Pflegekräfte – durch die Einsatzplanung in den Klinikbetrieb eingegliedert. Auch habe sie die von der Klinik gestellte Arbeitskleidung im OP-Bereich tragen müssen.
Im Übrigen sei eine weisungsfreie Tätigkeit als Krankenschwester im Operationsdienst weitgehend ausgeschlossen. So habe die Klägerin die Vorgaben des operierenden Arztes beachten und umsetzen müssen. Ihre eigene Gestaltungsmöglichkeit sei dagegen begrenzt gewesen.
Auch sei sie wie eine Vollbeschäftigte tätig gewesen, so dass sie bereits aus zeitlichen Gründen nicht als selbstständige Unternehmerin habe auftreten können. Sie habe ferner die Leistung persönlich erbringen müssen.
Zudem habe sie kein Unternehmerrisiko getragen, da die wesentlichen Betriebsmittel – Materialien, Geräte, Spezialkleidung von der Klinik gestellt worden seien. Der von der Klägerin angeschaffte PC sowie das Kfz hingegen seien Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens.
Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass auch Pflegepersonal selbstständig sein kann. Abhängig Beschäftigte sind dagegen sozialversicherungspflichtig. Als Beschäftigung gilt die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine solche Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation.
acr/LTO-Redaktion
LSG zur Scheinselbstständigkeit im Krankenhaus: . In: Legal Tribune Online, 13.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15519 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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