Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung in Deutschland sollen stärker bekämpft werden, Täter konsequenter zur Verantwortung gezogen werden. Dafür plant das Bundesjustizministerium eine grundlegende Reform der Strafvorschriften.
Das Bundesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) will die Strafvorschriften gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung reformieren. Mit dem Gesetzentwurf, der am Montag auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht wurde, soll die geänderte europäische Richtlinie gegen Menschenhandel umgesetzt werden.
Die Menschenhandelstatbestände im Strafgesetzbuch (StGB) wurden zuletzt 2016 neugefasst. Die Erfahrungen der Strafverfolgungspraxis sowie eine vom BMJV in Auftrag gegebene wissenschaftliche Evaluation würden eindrücklich zeigen, dass die Vorschriften überarbeitungsbedürftig sind, so das BMJV. Die Tatbestände seien unübersichtlich und die Anforderungen an die Beweisbarkeit der komplexen Tatbestandsmerkmale lägen teils zu hoch, heißt es weiter. Die Schwierigkeiten der Strafverfolgung zeigten sich in den niedrigen Verurteilungszahlen im Bereich des Menschenhandels.
Der Entwurf sieht daher eine grundlegende Reform der Menschenhandelsdelikte (§§ 232 bis 233a StGB) sowie der Tatbestände zur sexuellen Ausbeutung (insbesondere §§ 180a, 181a StGB) vor, die von Wissenschaft, Strafverfolgungspraxis und Zivilgesellschaft seit langem gefordert werde. Der Strafrahmen der Menschenhandelsdelikte soll erhöht werden, zudem soll der Tatbestand auf Ausbeutungsformen der Leihmutterschaft, der Adoption und der Zwangsheirat ausgeweitet werden. Außerdem sollen künftig auch mehr Kunden von Ausbeutungsopfern belangt werden können.
Ausbeutung auch in Nagelstudios möglich
Der Entwurf sieht in einem neuen § 232a StGB erstmals eine sogenannte Nachfragestrafbarkeit in Bezug auf alle Ausbeutungsformen des Menschenhandels vor. Bislang war dies auf Freier beschränkt, die wissentlich sexuelle Dienstleistungen von Opfern von Zwangsprostitution in Anspruch genommen haben. Nach dem neuen Entwurf soll die Strafbarkeit auf Kunden in anderen Bereichen ausgeweitet werden. So soll sich etwa auch strafbar machen, wer in einem Nagelstudio oder bei einem Bauvorhaben Leistungen von Menschen in Anspruch nimmt, von denen er weiß, dass sie ausgebeutet werden.
Erhöhen möchte Bundesjustizministerin Dr. Stefanie Hubig (SPD) zudem den Strafrahmen der Menschenhandelsdelikte. Der sieht aktuell für Menschenhandel eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. In besonders schweren Fällen - etwa wenn Gewalt, Entführung oder bandenmäßiges Handeln nachgewiesen werden oder das Opfer minderjährig ist - sind bis zu zehn Jahre Haft möglich. Nach den Plänen des BMJV soll der Strafrahmen generell auf bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe angehoben werden.
Hubig: "Menschenhandel ist moderne Sklaverei"
"Menschenhandel ist moderne Sklaverei. Auch Deutschland ist Tatort – im Bau, in der Pflege und im Bereich der Zwangsprostitution. Zwangsprostitution ist eine besonders erniedrigende Form des Menschenhandels. Die Opfer sind fast immer Frauen und Mädchen. Angeworben mit Lügen, werden die Betroffenen ihrer Freiheit beraubt, systematisch kontrolliert und zur Prostitution gezwungen. Wir müssen das Strafrecht so anpassen, dass Menschenhandel effektiv verfolgt werden kann. Bislang kommen Menschenhändler zu oft ohne Strafe davon", so Hubig.
Das gilt unter anderem in der Prostitution, wo der Nachweis der Ausbeutung oft schwer zu führen ist. Daher soll dies in der geplanten neuen Fassung des entsprechenden Paragrafen des StGB konkreter gefasst werden. Im Entwurf ist die Rede von jemandem, der "sich von einer anderen Person, die der Prostitution nachgeht, für eine Leistung, die im Zusammenhang mit der Prostitution steht, Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung oder zu deren Vermittlung stehen". Bestraft werden soll außerdem, wer der Prostituierten, "das Ob, die Art oder das Ausmaß der Erbringung sexueller Dienste vorschreibt".
Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung
Neue Tatbestände sollen zudem den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor der Ausbeutung bei sexuellen Handlungen gegen Entgelt verbessern. Dazu werden die bisher auf verschiedene Vorschriften verteilten Straftatbestände zur Veranlassung, Ausbeutung und Inanspruchnahme entgeltlicher sexueller Handlungen von Kindern und Jugendlichen neu strukturiert, ausgeweitet und mit höheren Strafen belegt.
Der Gesetzentwurf ist am Montag an die Länder und Verbände versendet worden. Sie haben nun bis zum 28. November 2025 Gelegenheit, Stellung zu nehmen.
xp/fkr/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
Bis zu zehn Jahre Haft: . In: Legal Tribune Online, 20.10.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/58427 (abgerufen am: 07.11.2025 )
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