Harald Range hat gegenüber der FAZ zu den Umständen seiner Entlassung Stellung bezogen. Er erklärte vor allem, warum er seinem Dienstherrn zuvor offen widersprach.
Harald Range hat in einem Gespräch mit der FAZ sein Handeln in der Netzpolitik-Affaire und insbesondere seinen gegenüber Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) öffentlich geäußerten Vorwurf des unerträglichen Eingriffs in die "Unabhängigkeit der Justiz" verteidigt.
Seine Ermittlungen gegen die Betreiber des Blogs Netzpolitik.org betrachtet er weiterhin als rechtlich notwendig. Die Sensibilität des Themas sei seinem Haus bewusst gewesen, man habe in der Bundesanwaltschaft "nach Informationen der FAZ" gerade keine zweite Spiegel-Affäre gewollt und daher besonders "sorgsam gehandelt, und etwa ein externes Gutachten eingeholt."
Mitte Juli war bekannt geworden, dass der damalige Generalbundesanwalt auf eine Anzeige des Bundesamts für Verfassungsschutz hin gegen Whistleblower ermittelte, die dem Portal netzpolitik.org geheime Dokumente aus den Reihen des Verfassungsschutzes zugespielt hatten. Nachdem sich herausstellte, dass auch gegen die Journalisten der Plattform ermittelt wurde, kam es zu einem öffentlichen Sturm der Entrüstung. Das Bundesjustizministerium will Range von Beginn an vor Ermittlungen gegen Journalisten gewarnt haben, Bundesinnenminister Thomas de Maizière, dem der Verfassungsschutz unterstellt ist, räumte erst am gestrigen Donnerstag ein, dass sein Ministerium ebenfalls von Beginn an informiert war.
Mit seiner Entlassung ohnehin gerechnet
Auch über den restlichen Verlauf gibt es uneinheitliche, zum Teil widersprüchliche Aussagen der Beteiligten. Fest steht, dass ein von der Bundesanwaltschaft in Auftrag gegebenes Gutachten, welches zu dem Ergebnis kam, dass es sich bei den von netzpolitik.org veröffentlichten Dokumenten tatsächlich um Staatsgeheimnisse gehandelt habe, nicht fertig gestellt wurde - laut Justizministerium aufgrund einvernehmlicher Abrede mit Range vor Bekanntwerden dieses Ergebnisses, laut Range aufgrund Weisung aus dem Ministerium nach Kenntnis von dem Ergebnis. Letzteres hatte Range öffentlich stark kritisiert und war am Abend desselben Tages von Justizminister Heiko Maas in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, weil das Vertrauen erschüttert sei.
Die Anordnung des Bundesjustizministers, die fast fertige Expertise, die das Vorliegen eines Staatsgeheimnisses bestätigte, zu stoppen, "sei einem rechtlich zweifelhaften Austausch von Beweismitteln gleichgekommen", sagte Range gegenüber der FAZ. Seine Zweifel an Maas' Einflussnahme auf die laufenden Ermittlungen, "weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint", wie es in der Pressemitteilung des scheidenden obersten Staatsanwalts hieß, habe dieser nach FAZ-Informationen deutlich gemacht, sich aber gefügt.
Mit seiner Entlassung habe er ohnehin gerechnet, nachdem auch die Bundeskanzlerin sich hinter Maas gestellt hatte, so Range gegenüber der FAZ. Seine deutlichen Worte in Richtung Maas erklärt Range, damit, dass er "nicht wie ein geprügelter Hund vom Hof schleichen, sondern aufrecht durchs Tor gehen" wollte – auch um sich nicht strafbar zu machen.
Gegen Heiko Maas liegen inzwischen bereits Anzeigen wegen Strafvereitelung im Amt vor, die von der Staatsanwaltschaft Berlin derzeit geprüft werden. Auch der BGH-Richterverein sieht in dem Verhalten des Justizministers Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten.
ahe/pl/LTO-Redaktion
Harald Range zu seinem Abgang: . In: Legal Tribune Online, 07.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16537 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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