Neuer Gesetzentwurf der Union: Wird die Unter­brin­gung in Ent­zie­hungs­an­stalten schwie­riger?

11.05.2022

Die Zahlen der Personen, die in Entziehungsanstalten nach § 64 StGB untergebracht sind, haben sich mehr als verdoppelt. Die Union möchte deswegen die Voraussetzungen schärfen und legt einen Gesetzesentwurf vor.

Die Unionsfraktion will die Unterbringung in Entziehungsanstalten im Rahmen des Maßregelvollzugs novellieren und einschränken. § 64 Strafgesetzbuch (StGB), die "Unterbringung in einer Entziehungsanstalt", sei zu weit gefasst und die Voraussetzungen müssten strenger werden. Der Gesetzesentwurf steht am Mittwoch erstmalig auf der Tagesordnung des Bundestags.

Anlass des Entwurfs ist für die Unionsfraktion die enorme Überbelastung des Maßregelvollzugs. Seit 2002 habe sich die Anzahl der Patienten mehr als verdoppelt, heißt es in dem Entwurf. Außerdem habe sich auch der "Charakter der Klientel und der Deliktscharakter der begangenen Straftaten" verändert. 30 Prozent entfielen inzwischen auf Betäubungsmitteldelikte. 

"Sachwidriger Anreiz" für Angeklagte

Die Ursachen für den Anstieg der Patienten liegen, so meint die Unionsfraktion, in einer zu weiten Fassung des bisherigen § 64 StGB. Der Rechtsprechung blieben immer weniger Möglichkeiten zu einer restriktiven Auslegung. Auch verantwortlich sei § 67 StGB, der die Reihenfolge der Vollstreckung von Maßregel und Strafe regelt und eine Strafaussetzung zur Bewährung zum Halbstrafenzeitpunkt möglich macht. Die Regelung sei ein "sachwidriger Anreiz" für Angeklagte, weil sie so schneller entlassen werden könnten, argumentiert die Fraktion. Zuletzt sei aber auch die Tatbestandvoraussetzung "Hang" nach § 64 StGB ein Problem. Die erfasse aufgrund der weiten Auslegung der Rechtssprechung auch nicht behandlungsbedürftige Tätergruppen.

Weniger Anhörungen von Sachverständigern

Ziel der Novellierung sei es, sich auf Täter zu konzentrieren, die übermäßig Rauschmittel konsumieren und von denen deswegen eine Gefahr ausgehe, weitere erhebliche Straftaten zu begehen. Außerdem soll die jeweilige Person eine Behandlung tatsächlich gebrauchen.

Konkret fordert die Fraktion, dass die nicht behandelte Abhängigkeit die Person schwer und dauerhaft in der Gesundheit oder im Sozialleben beeinträchtigt. Zudem soll ein stärkerer Zusammenhang zwischen Hang und Anlasstat bestehen. Eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt soll zudem nur noch für jene Personen möglich sein, "in denen das Erreichen des Behandlungsziels aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu erwarten ist". Aktuell reicht eine "hinreichend konkrete Aussicht".

§ 67 Absatz 5 StGB soll dahingehend so geändert werden, dass die Strafrestaussetzung zur Bewährung erst zum Zweidrittelzeitpunkt möglich sein soll.

Zudem will die Union den Gerichten mehr Spielraum bei der Anhörung von Sachverständigen geben. "Die Anhörung soll nur noch dann verpflichtend sein, wenn nach Einschätzung des Tatgerichts die Anordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt 'konkret' zu erwägen ist", heißt es im Entwurf.

cp/LTO-Redaktion

 

Zitiervorschlag

Neuer Gesetzentwurf der Union: Wird die Unterbringung in Entziehungsanstalten schwieriger? . In: Legal Tribune Online, 11.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48409/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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