Gesetzgebung: Gebühr für "mut­wil­lige" Klagen

24.05.2011

Das BVerfG will schneller werden: Künftig sollen alle Verfahren in 18 Monaten bearbeitet werden. Damit Kapazitäten frei werden, sollen querulatorische Kläger zur Kasse gebeten werden. Dies geht laut Gerichtskreisen aus einem Gesetzentwurf des BMJ hervor.

Für manche ist Karlsruhe die letzte Hoffnung: Für Häftlinge, die in verdreckte Zellen gesperrt werden; für Väter, die kein Sorgerecht bekommen; für Flüchtlinge, denen die Abschiebung droht. Mehr als 6.000 Verfassungsbeschwerden pro Jahr erreichen das höchste deutsche Gericht - darunter sind aber auch sehr merkwürdige Fälle.

So gibt es etwa Beschwerdeführer, die auf eng bedrucktem Papier in deutscher und englischer Sprache durcheinander fordern, alle Sozialgerichte, Familiengerichte und Jobcenter "als verbrecherische und verfassungsfeindliche Vereinigungen" zu verbieten. Andere klagen in ein und demselben Schriftsatz gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan, bestimmte Vorschriften des
Rindfleischetikettierungsgesetzes (RiFlEtikettG) und die Winterreifenpflicht.

Rund 1.200 derartige Beschwerden erreichen jedes Jahr das Gericht -
Fälle, die offensichtlich aussichtslos sind und zum Teil nicht den
Mindestanforderungen an eine verfassungsrechtlich relevante
Begründung genügen.

Schnellerer Abschluss der Verfahren

Hiergegen will sich das Gericht wehren, und zwar mit einer Gebühr für "mutwillige" Verfassungsbeschwerden. Auf Nachfrage von LTO wollte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums (BMJ) einen entsprechenden Gesetzentwurf weder bestätigen noch dementieren. Die Vorstellungen der Karlsruher Richter seien dem BMJ bekannt, das weitere Vorgehen werde nun intern geprüft.

Die so genannte Mutwillensgebühr soll maximal 5.000 Euro betragen. Die Höhe soll sich nach der Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Einzelfall richten. Sie soll "spürbar, aber leistbar" sein, heißt es im Bundesverfassungsgericht (BVerfG).

Durch die "Mutwillensgebühr" will das Gericht ein anderes,
ehrgeiziges Ziel erreichen: Künftig sollen alle Verfahren innerhalb von spätestens 18 Monaten abgeschlossen werden - wenn nicht, soll eine Beschwerde möglich sein. Nachdem Deutschland mehrmals von Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen zu langer Verfahren kritisiert wurde, will das Verfassungsgericht hier mit gutem Beispiel vorangehen.

dpa/tko/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

Gesetzgebung: . In: Legal Tribune Online, 24.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3349 (abgerufen am: 03.12.2024 )

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