Lange hat es gedauert, der Dieselskandal brachte dann Bewegung in Sachen Musterfeststellungsklage. Einen Entwurf brachte Justizministerin Barley nun ein - und kassierte jede Menge Kritik, weil dieser unausgereift sei.
Verbraucher sollen künftig Schadensersatzansprüche gegen Konzerne leichter durchsetzen können. Dazu brachte Justizministerin Katarina Barley (SPD) am Freitag unter massiver Kritik der Opposition einen Gesetzentwurf zur Musterfeststellungsklage im Bundestag ein. Diese Klageform greift vor allem in Fällen mit vielen Betroffenen wie im Diesel-Skandal und soll die Klagekosten für Betroffene eindämmen. Die Opposition im Bundestag und der Bundesrat verlangten Nachbesserungen am Entwurf.
In Musterprozessen sollen strittige Fragen generell geklärt werden. Danach müssten Verbraucher ihre konkreten Ansprüche in einem Folgeprozess geltend machen. Den Musterprozess sollen Verbraucherschutzverbände führen. Streit gab es vorab unter anderem wegen der Kritieren dafür, welche Verbände klagen dürfen sollen. Sebastian Steineke (CDU) unterstrich, dass die Sachkunde eines Verbandes auch im Sinne der Verbraucher unbedingt gegeben sein müsse.
Nach Ansicht der Grünen-Abgeordneten Manuela Rottmann werden durch den Entwurf Barleys die Verbraucher gegenüber den Unternehmen keineswegs gestärkt. Sie sprach von einem "Totalschaden für den Rechtsstaat". Die Linken-Abgeordnete Amira Mohamed Ali sah erheblichen Nachbesserungsbedarf am Entwurf.
Die FDP-Abgeordnete Katharina Kloke kritisierte, dass die Musterklage auf die Verbände beschränkt werde. Sie stellte die Frage, warum sich ein Verbraucher nicht mit anderen zusammentun, einen Rechtsanwalt nehmen und eine Musterfeststellungsklage einreichen dürfe. Der AfD-Abgeordnete Lothar Maier unterstrich, dass es schon lange Zeit sei, solche Kollektivklagen zuzulassen. Er erhoffe sich dadurch eine disziplinierende Wirkung auf die Anbieter. Maier ging auch nicht davon aus, dass in Deutschland eine Klageindustrie wie in Amerika entstehe. Die AfD sehe den Entwurf grundsätzlich positiv, sehe aber noch einigen Änderungsbedarf in Details.
Strenge Regeln bei Klagebefugnis
Klagebefugte Verbände müssen mindestens 350 Personen oder zehn Unterverbände als Mitglieder haben, dürfen es nicht auf Gewinn durch die Klagen anlegen und nicht mehr als fünf Prozent ihrer Einkünfte von Unternehmen beziehen. Der Klage müssen sich innerhalb von zwei Monaten mindestens 50 Verbraucher anschließen, sieht der Gesetzentwurf vor.
Barley unterstrich: "Statt wie bisher teure und langwierige Einzelverfahren führen zu müssen, können sich Verbraucherinnen und Verbraucher künftig zusammenschließen und müssen die Klage nicht einmal selber führen." Das Gesetz soll nach dem Willen der großen Koalition zum November in Kraft treten und damit verhindern, dass Schadensersatzansprüche im Diesel-Skandal um manipulierte Abgaswerte verjähren. Daher wurde der Entwurf parallel auch im Bundesrat behandelt.
Die Länderkammer begrüßte die geplanten neuen Klagerechte für Verbraucher, schlug aber einige Änderungen vor. So sollten für Musterfeststellungsklagen direkt Oberlandesgerichte als erste Instanz zuständig sein. Mit den bisher vorgesehenen drei Instanzen könne es viele Jahre bis zu einem rechtskräftigen Entscheid dauern, so Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU).
Das SPD-geführte Justizministerium hatte bereits in der vergangenen Wahlperiode versucht, die Musterfeststellungsklage einzuführen. Dies scheiterte aber am Widerstand der Union.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Kritik von Opposition und Bundesrat: . In: Legal Tribune Online, 08.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29055 (abgerufen am: 03.12.2024 )
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