Der Bundesjustizminister erhöht den Druck auf die Betreiber sozialer Netzwerke. Ein Gesetzentwurf verpflichtet sie zu einem härteren Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte und sieht hohe Bußgelder vor. Aber was ist "offensichtlich rechtswidrig"?
Beschwerdeverfahren, Berichtspflicht und Bußgelder: Im Kampf gegen Hasskommentare und Falschnachrichten im Internet hat Bundesjustizminister Heiko Maas am Dienstag den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken vorgelegt.
Dem Entwurf zufolge sollen die Unternehmen verpflichtet werden, offensichtlich rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden, rechtswidrige binnen sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren.
Geplant ist zudem eine vierteljährliche Berichtspflicht über den Umgang mit Beschwerden. Vorgesehen sind auch Bußgelder bei Verstößen gegen die Berichtspflicht oder bei mangelhafter Umsetzung des Beschwerdemanagements. Der Referentenwurf soll noch am Dienstag in die Ressortabstimmung gehen.
Löschung weiter nur ab Kenntnis, aber auch für die Zukunft
Minister Maas bemängelte, die Netzwerke hätten bislang Beschwerden von Nutzern nicht ernst genug genommen. Von den strafbaren Inhalten, die Nutzer meldeten, habe Twitter gerade einmal 1 Prozent und Facebook nur 39 Prozent gelöscht. "Dass es besser geht, das zeigen die Zahlen von Google mit der Plattform YouTube: Hier wurden mittlerweile 90 Prozent aller von den Nutzern gemeldeten strafbaren Inhalte gelöscht."
Der Gesetzentwurf regelt keine gänzlich neue Pflicht, sondern vor allem die bußgeldbewehrte Verbesserung von deren Durchsetzung. Schon jetzt schreibt § 10 Telemediengesetz vor, dass Diensteanbieter rechtswidrige Inhalte löschen müssen, sobald sie von diesen Kenntnis erlangt haben. Mehr Verpflichtung will Maas den sozialen Netzwerken nicht auferlegen, bei diesem Notice-and-take-Verfahren soll es bleiben. Die sozialen Netzwerke sind also erst zur Lösung oder Sperrung rechtswidriger Inhalte verpflichtet, wenn sie eine Beschwerde erhalten haben, eine aktive Suche nach rechtswidrigen Inhalten regelt der Gesetzentwurf nicht.
Allerdings sollen die Netzwerke, wenn es nach Maas geht, durch das Gesetz verpflichtet werden, wirksame Maßnahmen für die Zukunft zu treffen, also eine erneute Speicherung eines bereits bekannten und entfernten rechtswidrigen Inhalts zu verhindern.
Was entfernt werden muss: "rechtswidrige Inhalte"
Der Entwurf erfasst laut Erklärung aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) "objektiv strafbare Inhalte, beschränkt auf Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten". Umgesetzt werden solle das dadurch, dass in § 1 Abs. 3 rechtswidrige Inhalte etwas kryptisch als Inhalte im Sinne des Absatzes 1 (der seinerseits nur von beliebigen Inhalten, eben in sozialen Netzwerken spricht) definiert werden, die einen der abschließend aufgezählten Straftatbestände erfüllen. Die Straftatbestände sind solche aus dem Bereich der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats, die Störung des öffentlichen Friedens, Volksverhetzung, aber auch Beleidigung und üble Nachrede.
Ein Inhalt soll offensichtlich strafbar - und damit binnen 24 Stunden nach Kenntnis zu löschen oder sperren - sein, wenn zur Feststellung der Strafbarkeit keine vertiefte Prüfung erforderlich ist. Auch sogenannte Fake News sollen von dem Entwurf nur erfasst werden, wenn sie unter die genannten Straftatbestände fallen.
Beschweren können sich neben den Nutzern der Netzwerke auch Beschwerdestellen und Organisationen der Zivilgesellschaft. Die Betreiber jedes sozialen Netzwerks müssen ein leicht zugängliches und ständig verfügbares zur Übermittlung der Beschwerden zur Verfügung stellen.
Pia Lorenz, Fake News und Hasskommentare: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22371 (abgerufen am: 06.11.2024 )
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