ChatGPT spuckt auch Songtexte aus, wenn danach gefragt wird. Für diese Wiedergabe sowie für das entsprechende Training der KI mit Songtexten hat die Gema aber nie Lizenzen erteilt – und deshalb Klage eingereicht.
Die deutsche Verwertungsgesellschaft Gema verklagt nach eigenen Angaben als erste Verwertungsgesellschaft weltweit OpenAI, das Unternehmen hinter ChatGPT.
“Das KI-gestützte Sprachsystem ChatGPT wurde unter anderem auch mit urheberrechtlich geschützten Texten trainiert, darunter Songtexte aus dem Repertoire der rund 95.000 GEMA Mitglieder", teilte die Gema mit. OpenAI habe aber keine Lizenz dafür erworben und die Urheber nicht für die Nutzung ihrer Werke vergütet. Die Gema habe daher am Mittwoch beim Landgericht München I eine Klage gegen die amerikanische Muttergesellschaft OpenAI und die Betreiberin der Chatbots in Europa, OpenAI Ireland, eingereicht (Az. 42 O 14139/24). Eine Stellungnahme von OpenAI lag zunächst nicht vor.
Gegenstand der Klage ist der Gema zufolge die unlizenzierte Wiedergabe der Songtexte im Chatbot. Weder für das Training der KI noch für die Wiedergabe der Songtexte wurde jemals eine Vergütung seitens OpenAI gezahlt. Die öffentliche Zugänglichmachung von geschützten Werken (§ 19a Urheberrechtsgesetz (UrhG)) ist aber nach geltendem Recht lizenzpflichtig. Bei der Eingabe einfacher Anweisungen gebe der Chatbot die Originaltexte der Songs wieder, mit denen das System offensichtlich trainiert worden sei. Andere Internetdienste zahlten für die Verwendung der Texte, OpenAI bediene sich dagegen “systematisch unter bewusster Inkaufnahme von Urheberrechtsverletzungen an den Inhalten der Urheberinnen und Urheber”, so die Pressemitteilung der Gema.
Greift das Text und Data Mining?
Eine der zentralen Fragen, die das LG nun klären muss, wird sein, inwiefern die Urheberrechtsschranke des Text und Data Mining (§ 44b UrhG) greift oder nicht. Diese erlaubt das automatisierte Absuchen des Internets und das Sammeln von Daten auch aus urheberrechtlich geschützten Werken zu Analysezwecken. Ob darunter das Training von KI fällt, ist umstritten. So oder so hat die Gema jedoch nach eigenen Angaben stellvertretend für ihre Mitglieder erklärt, dass ihre Werke nur nach Erwerb einer Lizenz zum Training von KI-Systemen verwendet werden dürfen. Durch diesen Nutzungsvorbehalt solle sichergestellt werden, dass die Urheberinnen und Urheber an den Einnahmen, die durch KI-Systeme erzielt werden, angemessen beteiligt werden. Doch eben diese Lizenzen seien nicht erteilt worden.
Rechtsanwalt Max-Julian Wiedemann, LL.M., von CMS Hasche Sigle sieht durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die Schranke des § 44b UrhG beim Training von KI zum Tragen kommen kann: “Erst kürzlich hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass das Training einer KI als Text und Data Mining im Sinne des § 44b UrhG einzustufen ist. Dieses Verständnis folgt auch ausdrücklich aus Art. 53 Abs. 1 S. 1 lit. c) AI Act, sodass daran kein berechtigter Zweifel bestehen kann. Im Einzelfall ist allerdings zu prüfen, ob die einzelnen Voraussetzungen des § 44b UrhG eingehalten worden sind, beispielsweise ob der Urheber einen hinreichenden Nutzungsvorbehalt erklärt hat. Dieser muss bei online zugänglichen Werken in maschinenlesbarer Form erfolgen”.
Der Experte für das Recht der neuen Medien und Urheberrecht erwartet das Urteil jedoch vor allem in Bezug auf die Frage, ob auch die originalgetreue Wiedergabe der Songtexte durch die KI eine urheberrechtlich relevante Nutzung ist, mit Spannung. Das sei bisher ungeklärt, äußert er gegenüber LTO.
Zahlreiche namhafte deutsche Musikschaffende, darunter Kristina Bach (Atemlos), Rolf Zuckowski, Reinhard Mey, Inga Humpe, Tommi Eckart, Ulf Sommer und Peter Plate sowie deren Musikverlage unterstützen die Klage. Ihre Songtexte wurden nachweislich durch den Chatbot verwertet. Eine Vergütung hätten sie dafür nicht erhalten.
“Songs sind kein kostenloser Rohstoff für generative KI”
“Die Songs unserer Mitglieder sind nicht der kostenlose Rohstoff für die Geschäftsmodelle der Anbieter generativer KI-Systeme”, sagt Gema-Chef Tobias Holzmüller. “Wer diese Songs verwenden möchte, muss eine Lizenz erwerben und die Urheberinnen und Urheber fair vergüten.” Ende September hatte die Gema ein Lizenzmodell für generative KI vorgestellt. Sie will zudem prüfen, ob sie auch noch gegen weitere KI-Anbieter klagt.
Die Gema vertritt in Deutschland nach eigenen Angaben die Urheberrechte von rund 95.000 Mitgliedern - Komponisten, Textdichter oder Musikverlage - sowie von über zwei Millionen Rechteinhaberinnen und Rechteinhabern aus aller Welt.
Die Gema wird in dem Verfahren von der Kanzlei Raue vertreten. Über die urheberrechtlichen Problematiken in Bezug auf KI berichtete LTO bereits hier.
pdi/LTO-Redaktion
Mit Material der dpa
Gema verklagt OpenAI: . In: Legal Tribune Online, 14.11.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55864 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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