Der Ermittlungsrichter am BGH hat für vier Personen aus der mutmaßlich linksextremistischen Szene U-Haft angeordnet. Insgesamt je drei Frauen und Männer hatten sich am Montag selbst gestellt. Es geht um Taten in Ungarn am "Tag der Ehre".
Vier der mutmaßlichen Linksextremisten hat die Generalbundesanwaltschaft dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt. Gegen je zwei Frauen und zwei Männer hat der Ermittlungsrichter die Haftbefehle eröffnet und die Untersuchungshaft angeordnet. Am Montag hatten sich insgesamt sieben Personen zwischen 21 und 27 Jahren bei der Polizei bzw. an einem Gericht in Köln, Bremen, Kiel und Hamm gestellt. Nele A., Paul M., Paula P., Luca S., Moritz S., und Clara W. wurden festgenommen. Alle waren seit Jahren untergetaucht. Ihnen werden diverse Angriffe auf Rechtsextreme in Ungarn vorgeworfen. Noch nicht dem Ermittlungsrichter vorgeführt sind Nele A. und Paul M., auch bei ihnen soll das jedoch noch am Dienstag erfolgen*. Wo die Beschuldigten inhaftiert werden, teilte die Behörde aus Sicherheitsgründen nicht mit. In der Regel werden Menschen in der Nähe ihres einstigen Lebensmittelpunktes untergebracht.
Nach Mitteilung des GBA seien alle der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung (§ 129 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) und der gemeinschaftlichen gefährlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 StGB) dringend verdächtig, wobei Paul M., Paula P. und Luca S. in einem Fall Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung (§ 27 StGB) vorgeworfen wird.
Nele A., Paula P. und Moritz S. sollen als Heranwachsende gehandelt haben. Paul M. werden in einem weiteren Sachverhaltskomplex Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) und versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1b, §§ 22, 23 StGB) zur Last gelegt.
Mit Schlagstöcken und Kubotan
Rund vier Seiten lang sind die gegen die Beschuldigten erhobenen Vorwürfe der Generalstaatsanwaltschaft: Sie sollen zu einer Vereinigung mit der nach Ungarn ausgelieferten Person Maja T. – der GBA führt die nonbinäre Person wegen des im Haftbefehl so lautenden Namens weiter als Simeon T. – und der in München angeklagten Hanna S. gehören. Gemeinsam sollen sie anlässlich des so genannten "Tag der Ehre" in Budapest an mehreren Tagen Rechtsextremen aufgelauert, sie verfolgt und dann u.a. mit Schlagstöcken und einem Kubotan auf sie eingeschlagen haben. In einem Fall sollen wiederholt und gezielt auf den Kopf eines am Boden fixierten eingeschlagen. Ein anderer Mann soll bewusstlos am Boden gelegen haben, als einige aus der Gruppe weiter auf ihn eingeschlagen haben sollen. Die Taten sollen bei den Geschädigten zu Prellungen, Quetschungen, Knochenbrüchen, multiple Gesichts- und Schädelfrakturen geführt haben.
Gegen Paul M. liegt nach Angaben des GBA ein weiterer Haftbefehl vor. Er soll zu der Gruppe der bereits verurteilten Lina E. gehören. Auch diese Gruppe, in vielen Medien als "Hammerbande" bezeichnet, soll gemeinsam mit anderen Personen aus der rechten Szene zusammengeschlagen haben. Paul M. soll ein führender Kopf gewesen sein, Taten geplant, Tatmittel besorgt und Kampftrainings organisiert haben. Zudem soll er an einer Tat auf einen Gastwirt beteiligt sein, auf den mit Schlagstöcken, einem Hammer, einem Radschlüssel und Stangen auf den Mann eingeschlagen wurde. Aus der Szene war im November bereits Johann G. verhaftet worden. Auch er ist in Untersuchungshaft.
Alle Beschuldigten, die sich am Montag gestellt hatten, müssen bis spätestens Dienstagabend dem Haftrichter vorgeführt werden, § 115 Strafprozessordnung. Ob neben den nationalen auch europäische Haftbefehle gegen sie vorliegen, ist bisher nicht bekannt. Schon lange hieß es, sie würden sich den Behörden stellen, wenn keine Auslieferung nach Ungarn erfolgt. Diese Zusicherung gab der GBA nach Angaben der Anwält:innen jedoch nicht ab. Maja T. war entgegen eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts nach Ungarn überstellt worden. Ihr drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 24 Jahre Haft. Das Vorgehen der Behörden führte zu scharfer Kritik.
*Hinweis vom 22.01.25: Auch die Haftbefehle gegen diese beiden Personen wurden noch am Dienstag in Vollzug gesetzt.
Haft nach Überfall auf Rechtsextremisten in Ungarn: . In: Legal Tribune Online, 21.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56384 (abgerufen am: 08.02.2025 )
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