Die WM-Affäre ist noch lang nicht ausgestanden. In der Schweiz drohen Franz Beckenbauer und weiteren verantwortlichen des WM-Organisationskomitees nun auch strafrechtliche Konsequenzen.
Etliche Millionen sollen im Vorfeld der WM 2006 geflossen sein - wofür genau, bleibt rätselhaft. In der Affäre um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 drohen Franz Beckenbauer nun allerdings auch strafrechtliche Konsequenzen. Wie Spiegel Online berichtet, hat die Bundesanwaltschaft der Schweiz ein Ermittlungsverfahren gegen Beckenbauer wegen des Verdachts auf Untreue und Geldwäsche eingeleitet. Neben ihm werden in dem Verfahren auch weitere Beschuldigte angeführt, namentlich Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach.
Grund für die Ermittlungen sollen die fragwürdigen Zahlungsströme sein, die der Spiegel vergangenes Jahr aufgedeckt hatte. In der Folge beauftragte der DFB damals die Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer mit der Erstellung eines Berichts. Allerdings konnte auch dieser keine vollständige Aufklärung der Vorkommnisse rund um das Sommermärchen bringen. "Wir haben keinen Beweis für einen Stimmenkauf gefunden, können diesen aber auch nicht ausschließen", heißt es in dem Papier. Da bei der Untersuchung Daten fehlten, Akten und Dokumente nicht zugänglich waren und Personen wie der frühere FIFA-Präsident Joseph Blatter und ehemalige Mitglieder der FIFA-Exekutive sich nicht äußern wollten oder konnten, sei ein abschließendes Bild nicht darstellbar.
Verworrene Zahlungsströme
Nach dem Bericht sollen zwischen Mai und Juli 2002, also nach dem WM-Zuschlag für Deutschland, in vier Tranchen sechs Millionen Schweizer Franken über ein Konto von Beckenbauer und seines damaligen Beraters Robert Schwan an das Schweizer Anwaltsbüro Gabriel & Müller geflossen sein.
Dieser Betrag soll weiter an das Konto einer Gesellschaft in Katar gegangen sein, deren einziger Anteilseigner der mittlerweile lebenslang gesperrte Ex-FIFA-Funktionär bin Hammam war. Im August 2002 streckte dann der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus dem WM-Organisationskommitee augenscheinlich ebenso wie Beckenbauer Geld vor und überwies zehn Millionen Franken auf das Konto der Juristen Gabriel & Müller. Von dort gingen sechs Millionen auf das Beckenbauer-Konto zurück und vier weitere Millionen nach Katar. Bin Hammam bestreitet laut Freshfields, das Geld bekommen zu haben.
Bis zu fünf Jahre Haft?
Aufgrund der Vorkommnisse hatte auch die Ethikkommision der FIFA Ermittlungen gegen Beckenbauer und die übrigen deutschen WM-Macher eingeleitet. Nun gibt das Schweizer Verfahren der Sache eine neue Dimension. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hatte zwar bereits Ermittlungen gegen die seinerzeit Verantwortlichen beim Deutschen Fußball-Bund aufgenommen, Beckenbauer war von dem Verfahren jedoch soweit bekannt nicht betroffen.
Die "ungetreue Geschäftsbesorgung" wird nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch mit Geldstrafe oder Gefängnis bis zu drei Jahren geahndet, in besonderen Fällen drohen bis zu fünf Jahren Haft.
nas/LTO-Redaktion
Strafrechtliche Folgen der WM-Affäre: . In: Legal Tribune Online, 01.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20449 (abgerufen am: 12.10.2024 )
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