Nach Flughafenblockade von "Letzte Generation": Hit­zige Debatte und recht­liche Bewer­tung der Kli­ma­pro­teste

14.07.2023

Die "Letzte Generation" hat erneut Rollfelder blockiert, die Aktion stößt dieses Mal aber auf besonders harsche Kritik, weil es Urlaubszeit ist. Neben gesellschaftspolitischen Fragen geht es auch um rechtliche.

Mitten in der Ferienzeit haben Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" am Donnerstag die Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf über mehrere Stunden lahmgelegt. Das hat eine besonders hitzige Debatte ausgelöst, weil sich für viele Urlauber die erholsame Zeit damit mindestens verzögert.

Bereits Ende November vergangenen Jahres hatten Aktivisten der Gruppe den Hauptstadtflughafen BER für einige Stunden lahmgelegt. Am Donnerstagmorgen dann die Nachricht: Mitglieder der Gruppe gelangten auf die Rollfelder des Hamburger und des Düsseldorfer Flughafens. Die Folge: Am Hamburger Airport wurde der Flugverkehr am ersten Ferientag für einige Stunden komplett eingestellt. Am Düsseldorfer Flughafen wurden mehrere Flüge umgeleitet oder verspäteten sich.

Die Rufe nach Konsequenzen aus Politik und Gesellschaft sind laut. Neben ethischen und moralischen Fragen geht es auch um rechtliche: Was kann auf die Flughafenblockierer rechtlich zukommen? Bundesjustizminister Marco Buschmann twitterte bereits, die Letzte Generation müsse mit strafrechtlichen Konsequenzen und gegebenenfalls mit millionenschweren Schadensersatzforderungen rechnen.

Rechtliche Bewertung bei Flughafenblockaden

Tobias Lutzi, Professor für Privatrecht an der Universiät Augsburg, gab auf Twitter dem Bundesjustizminster insoweit Recht, dass die Aktivisten sehr wohl mit Schadensersatzklagen in Millionenhöhe rechnen dürften. Er quailifizierte die Protestaktion als Eingriff in den eingerichteten Gewerbegetrieb ohne Rechtfertigung. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Professor Michael Heese von der Universität Regensburg: Wer sich festklebt, der hafte, schreibt er für LTO, weil es sich dabei auch um eine sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) handle. Das ist aber umstritten. So kommt zu einem anderen Ergebnis etwa Professor Marc-Philippe Weller von der Universität Heidelberg mit seinem Lehrstuhlteam. Ihre zivilrechtliche Beurteilung ist im Examensspezial Klimaproteste Teil I: Zivilrecht von LTO nachzulesen, seine tiefergehende, separate Analyse hier zu finden.*

Eine weitere juristische Ebene: Wie sieht es mit der Strafbarkeit solcher Flughafenblockaden aus? Relativ unproblematisch ist die Prüfung des Hausfriedensbruchs nach § 123 Abs. 1 StGB wegen des Betretens des Rollfelds und Sachbeschädigung nach § 303 Abs. 1 StGB wegen des zerschnittenen Zauns, meinen Katharina Reisch und Tim Nicklas Festerling, die im Examensspezial Klimaproteste Teil II: Strafrecht nicht nur Rollfeldblockaden, sondern auch weitere Aktionen von "Letzte Generation" juristisch einordnen. Schwieriger ist demnach die Frage nach einem möglichen gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr nach § 315 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu beantworten.

Der neue CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte im Interview mit der Welt indes, die Aktivisten "schnell zu packen und am gleichen Tag dem Richter vorzuführen." Deutschland müsse verstärkt über Freiheitsstrafen anlässlich solcher Aktionen nachdenken, wenn es um die strafrechtliche Handhabe in solchen Fällen geht.

*Aktualisierte Version vom 14.07.2023, 16.43 Uhr.

cp/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Nach Flughafenblockade von "Letzte Generation": . In: Legal Tribune Online, 14.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52254 (abgerufen am: 12.12.2024 )

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