Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat zugestimmt: Das Finanzpaket von Union, SPD und Grünen kann kommen. Damit wird die Schuldenbremse gelockert, ein Sondervermögen geschaffen – und das trotz einer Menge Gegenwind.
Das umstrittene Finanzpaket von Union, SPD und Grünen ist nun beschlossene Sache: Auch der Bundesrat hat den geplanten Grundgesetzänderungen zugestimmt. Damit wird die Schuldenbremse gelockert, ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro geschaffen und den Ländern mehr Spielraum für eigene Verschuldung eingeräumt.
Konkret sieht das Paket vor, dass Ausgaben für Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit nur noch bis zu einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts (vom BIP 2024 gerechnet, wären das rund 43 Milliarden Euro) unter die Schuldenbremse fallen. Alles darüber hinaus kann durch Kredite finanziert werden.
Zusätzlich wird ein Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur und Klimaneutralität ins Grundgesetz aufgenommen. Diese Mittel werden nicht auf die Schuldenbremse angerechnet und sollen durch Kredite in Höhe von 500 Milliarden Euro finanziert werden. Die Länder erhalten hiervon 100 Milliarden Euro und dürfen künftig Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des BIP aufnehmen – bislang galt hier eine Nullgrenze.
53 Ja-Stimmen, 46 waren nötig
Im Bundesrat kam es jetzt mit 53 Ja-Stimmen zur nötigen Zweidrittelmehrheit. Insgesamt gibt es dort 69 Stimmen, 46 wären also mindestens nötig gewesen. Enthalten haben sich Länder mit BSW bzw. FDP-Beteiligung: Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Da Bundestag und Bundesrat nun mit der jeweils erforderlichen Zweidrittelmehrheit zugestimmt haben, kann das Gesetz ausgefertigt und verkündet werden. Es tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Weg zur Zustimmung war keineswegs ein Selbstläufer. Im Bundestag wurde das Finanzpaket hitzig debattiert, Kritik kam von vielen Seiten. Doch letztlich blieb es bei der Aufregung – und auch die juristischen Gegenoffensiven verliefen bislang wenig erfolgreich.
In der Sitzung der Länderkammer am Freitag bekannte sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sich zwar ausdrücklich zur Schuldenbremse, rechtfertigte deren Aufweichen aber mit der sich dramatisch ändernden Weltlage. "Es geht um nicht weniger als die Selbstbehauptung Europas – sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch", sagte der Grünen-Politiker. Es gehe auch um die Selbstbehauptung unserer Werte von Frieden, Freiheit und Demokratie. "Auf so eine außergewöhnliche Herausforderung kann man nicht mit gewöhnlichen Mitteln reagieren." Mit Blick auf das 500-Milliarden-Programm für Investitionen in die Infrastruktur dankte der Ministerpräsident der Grünen-Bundestagsfraktion dafür, "dass sie das Finanzpaket wesentlich besser gemacht hat".
Söder und Kretschmer mahnen Strukturreformen an
"Historische Zeiten erfordern historische Maßnahmen", sagte auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Mit der Grundgesetzänderung schaffe man die Möglichkeit, "einen Schutzschirm aufzuspannen". Diese Grundgesetzänderung sei allerdings nur eine erste Etappe. "Sie muss einhergehen mit investieren, konsolidieren und reformieren", sagte der CSU-Vorsitzende.
Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer wies ebenfalls auf die Notwendigkeit von Strukturreformen hin. "Mit Geld alleine kann man diese Dinge nicht klären", mahnte der CDU-Politiker mit Blick auf die marode Infrastruktur. “Wir brauchen eine andere Dynamik in der Bundesrepublik Deutschland. Wir müssen Wachstumsbremsen lösen.” Dieser zweite Schritt müsse kommen, damit sich die großen finanziellen Mittel am Ende «nicht nur in steigenden Preisen oder sogar einer zusätzlichen Inflation auswirken".
Bovenschulte und Rehlinger fordern rasche Umsetzung
Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger rief dazu auf, zügig in einen "Umsetzungsmodus" für die nun möglichen Investitionen in die Infrastruktur zu kommen. "Das Geld allein löst die existenziellen Fragen nicht", sagte die SPD-Politikerin, die auch amtierende Präsidentin des Bundesrats ist. "Wir brauchen jetzt eine übergreifende Macher-Mentalität und keine Miesmacherlaune. Handeln statt verzetteln, das ist das Gebot der Stunde."
Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) forderte, die nötigen Ausführungsgesetze zügig zu beschließen und dabei immer auch auf die Umsetzungsfähigkeit und den Aufwand zu achten. "Was nutzt uns das schönste Sondervermögen, wenn wir es in die Praxis nicht umgesetzt bekommen?"
Hessens Regierungschef Boris Rhein sagte, der neue finanzielle Spielraum durch die Grundgesetzänderung verringere nicht den Konsolidierungsbedarf für die öffentlichen Haushalte. "Ganz im Gegenteil: Steigende Schulden führen zu steigenden Zinsen. Und das erhöht den Konsolidierungsdruck auf allen politischen Ebenen", sagte der CDU-Politiker. "Wir können uns nicht mehr alles leisten."
Gerichte lehnten zahlreiche Eilanträge ab
Sowohl FDP als auch AfD hatten zuvor versucht, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe auf ihre Seite zu ziehen. Die Richter lehnten jedoch sämtliche Anträge ab, die darauf abzielten, die Abstimmung im Bundestag zu stoppen. Entscheidend war für die Karlsruher Richter die Abwägung zwischen der Verfahrensautonomie des Bundestags und der Notwendigkeit, das Paket noch in der laufenden Legislaturperiode zu verabschieden.
Die AfD scheiterte am Freitag erneut am BVerfG mit einem Eilantrag gegen das Schuldenpaket von Union und SPD. Diesmal wollte die Fraktion in Karlsruhe erreichen, dass das Gericht dem Bundesrat vorläufig untersagt, den entsprechenden Grundgesetzänderungen zuzustimmen. Der Zweite Senat lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (Az. 2 BvE 10/25).
Auch auf Länderebene war der juristische Widerstand ebenfalls vergeblich. FDP-Fraktionen in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen hatten Eilanträge bei den jeweiligen Lanndesverfassungsgerichtn eingereicht – ohne Erfolg. So lehnten etwa die Richter in NRW und Bremen noch am Donnerstagabend entsprechende Eilanträge ab, weil nicht ersichtlich sei, inwiefern die Fraktionen in eigenen Rechten verletzt seien beziehungsweise die Landesverfassungen geändert würden. Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof stellte zudem klar, dass die Landesverfassung ohnehin keine eigenständige Regelung zur Schuldenbremse enthalte, die von der Grundgesetzänderung berührt würde.
Das höchste hessische Gericht begründete seine Entscheidung in Wiesbaden mit der fehlenden Antragsbefugnis der Landtagsfraktion. Eine Landtagsfraktion könne in einem Verfassungsstreitverfahren nur ihre eigenen Rechte geltend machen, nicht aber die Rechte des Landtags.
xp/hs/LTO-Redaktion
mit Material von dpa
Finanzpaket passiert Bundesrat: . In: Legal Tribune Online, 21.03.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56840 (abgerufen am: 26.04.2025 )
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