FG Hamburg zur Vermietung von Zimmern auf St. Pauli: Umsatz­steu­erpf­licht bei "Rund-um-sorglos-Paket" für Prosti­tu­ierte

21.06.2022

Catering, Alarmanlage und die Nutzung von Schaufenstern auf St. Pauli: Das ist mehr als nur die Vermietung eines Zimmers an Prostituierte. Laut FG muss für dieses "Rund-um-sorglos-Paket" Umsatzsteuer gezahlt werden.

Wird Prostituierten mehr angeboten als die bloße Miete von Steigen-Zimmern, dann ist das keine umsatzsteuerfreie Vermietung mehr. Die Nutzungsüberlassung habe ihren Charakter als Mietverhältnis verloren. Das hat das Finanzgericht (FG) Hamburg entschieden (Urt. v. 17.05.2022, Az. 2 K 9/20).

Geklagt hatte ein Mieter von Immobilien auf St. Pauli. Zwei liegen im "Sperrbezirk", wo Prostitution zwischen 20 und sechs Uhr erlaubt ist, eine weitere liegt in einer Zone, wo gar keine Beschränkungen für Prostitution gelten. Die einzelnen Zimmer der sog. Steigen überließ der Mann zu einer "Tagesmiete" an Prostituierte, die dort sexuelle Dienstleistungen erbrachten.

In der Vergangenheit hat der Mann aus dieser Nutzungsüberlassung immer umsatzsteuerpflichtige Erlöse erklärt. Allerdings hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Jahr 2015 entschieden, dass die halbstündige Überlassung von Zimmern in einem sog. Stundenhotel als umsatzsteuerfreie Vermietung anzusehen ist. Darauf berief sich der Mann nun.

"Grenze passiver Vermietungsleistung überschritten"

Das Finanzamt blieb aber dabei, dass neben der Zimmerüberlassung ein "rund-um-sorglos-Paket" für die Prostituierten erbracht werde, was die Grenzen passiver Vermietungsleistungen überschreite. Deshalb müsse auch Umsatzsteuer gezahlt werden.

Dieser Ansicht ist nun auch das FG. Neben der Überlassung der Zimmer betreuten nämlich Wirtschafter:innen auf Veranlassung des Mannes die Prostituierten und sorgten für deren Sicherheit. Außerdem bekämen die Prostituierten durch die Anmietung der Steigen-Zimmer, auf quasi "gewohnheitsrechtlich" zu der Steige gehörenden öffentlichen Plätzen Freier zu akquirieren und andere "steigenfremde" Prostituierte auszuschließen. In einer Immobilie könnten sie auch die Schaufenster dort nutzen. Zudem erbringe der Mann weitere Leistungen wie die Bereitstellung einer Alarmanlage, Videoüberwachung und Catering, die die Grenzen einer passiven Vermieterleistung überschritten, so das Gericht. Die Nutzungsüberlassung habe eher bordellartigen Charakter erlangt.

pdi/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

FG Hamburg zur Vermietung von Zimmern auf St. Pauli: . In: Legal Tribune Online, 21.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48798 (abgerufen am: 04.10.2024 )

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