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Corona im Fußball: Kein Geld für Kim­mich & Co.

von Antonetta Stephany

22.11.2021

Joshua Kimmich beim Spiel des FC Bayern München gegen den SC Freiburg am 6.11.2021 der 1. Bundesliga-Saison 2021/2022.

Joshua Kimmich beim Spiel des FC Bayern München gegen den SC Freiburg am 6.11.2021 der 1. Bundesliga-Saison 2021/2022. (c) picture alliance/Pressebildagentur/ULMER/Markus Ulmer

Der Nationalspieler Joshua Kimmich ist in Quarantäne – und sein Fußballclub Bayern München streicht ihm das Gehalt. Geht das?

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Joshua Kimmich, Fußballprofi beim Bundesligisten FC Bayern München, ist nach eigenen Angaben nicht geimpft. Er fürchte sich vor möglicherweise noch unbekannten Langzeitfolgen, begründete er diese Entscheidung – und erntete viel Kritik. Neben dieser medialen Reaktion zeigt sich nun aber eine andere Folge seiner Entscheidung gegen die Coronaimpfung.

Nachdem Kimmich Anfang November zu einem Spiel der Nationalelf gereist war und sein Teamkollege Niklas Süle positiv auf Corona getestet wurde, musste Kimmich mitsamt weiterer Bayernprofis in Quarantäne. Aufgrund eines weiteren Kontakts zu einer positiv getesteten Person im privaten Umfeld, befindet sich Kimmich nun erneut in Quarantäne. Er verpasste bereits ein Spiel der Bayern und wird vermutlich auch bei einem Spiel in der Champions League fehlen.

Einem Bericht der Bild am Sonntag zur Folge zieht der Fußballclub nun Konsequenzen. So wurde Kimmich und anderen seiner Teamkollegen, die nicht geimpft sind, mitgeteilt, dass sie für die Zeit der Quarantäne auf Teile ihres Gehalts verzichten müssten. Dies sei aus dem Mannschaftskreis mitgeteilt worden und solle auch rückwirkend gelten. Weitere Maßnahmen wie die Isolierung der nicht geimpften Spieler beim Training seien ebenfalls nicht ausgeschlossen. Der Verein wolle damit ein Zeichen setzen und den Druck auf die ungeimpften Spieler erhöhen. Stellungnahmen wurden bisher vom Verein dazu nicht abgegeben.

Gesetzliche Grundlage im BGB und im IfSG

Aber darf der Verein Kimmichs Gehalt einfach einbehalten? Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht grundsätzlich vor, dass Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, für die die Erbringung ihrer Arbeitsleistung unmöglich ist, auch keinen Lohn erhalten. Das Fehlen am Arbeitsplatz aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne ist nun zwar gerechtfertigt, stellt aber einen solchen Fall der Unmöglichkeit der Leistungserbringung dar. Der Lohnanspruch entfällt daher nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB.

Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht nun jedoch vor, dass die- oder derjenige, die oder der sich auf Anordnung der Behörde hin in Quarantäne begeben muss, keinem Lohnausfall ausgesetzt sein soll. Betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird daher vom Staat eine Geldentschädigung gezahlt. Damit verhindert das IfSG die vom Bürgerlichen Gesetzbuch grundsätzlich vorgesehenen finanziellen Einbußen in dieser Situation.

Allerding kennt das IfSG seit Sommer 2020 eine Ausnahme. Danach erhält keine Geldentschädigung, "wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung (…) die (…) im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde (…) eine Absonderung hätte vermeiden können" (§ 56 Abs. 1 S. 4 IfSG) – und eine solche Impfung hätte mittlerweile jede und jeder bekommen können, auch Joshua Kimmich.

Kann Kimmich dagegen vorgehen?

Es besteht also eine gesetzliche Grundlage für das Einbehalten von Kimmichs Gehalt und das Nichtzahlen einer Entschädigung. Das Bundesland Bayern hatte, wie auch einige andere Bundesländer, bereits im September erklärt, diese Ausnahmeregelung nun anzuwenden. Laut Gesundheitsminister Holetschek würden keine Entschädigung mehr für freiwillig Ungeimpfte gezahlt werden. Umgesetzt wird dies laut dpa seit Anfang November.

Die Chancen des 26-Jährigen, gegen seinen Lohnausfall und die Nichtzahlung der Entschädigung vorzugehen, schätzt Sportrechtsexperte Joachim Rain von Schickhardt Rechtsanwälte eher gering ein. "Ein juristisches Vorgehen dagegen hätte nur Erfolg, wenn die zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen vom Gericht für unwirksam erachtet würden, etwa weil sie einen indirekten Impfzwang begründen. Dass ein Gericht dies so sieht, ist eher unwahrscheinlich", sagte Rain bei Sport1.

Verständnis für Handeln des Vereins

Karl-Heinz Rummenigge, ehemaliger Vorstandvorsitzender des FC Bayern, unterstützt die Entscheidung des Vereins. "Es ist eine Debatte, die den Verein langsam auch nervt. Alle haben versucht, das Thema Nichtimpfen zu bereinigen oder eine Lösung zu finden. Das ist nicht geglückt bis dato", argumentierte Rummenigge. Er wisse "aus gesicherter Quelle" von vielen Gesprächen mit den bislang ungeimpften Profis beim FC Bayern. "Corona beschäftigt den ganzen Verein und die Mannschaft", sagte Rummenigge. Dass der Rekordmeister nun ein Zeichen setze, kann er gut verstehen. Es gehe außerdem auch um finanzielle Aspekte. So dürften beim nächsten Spiel der Bayern nur noch 19.000 statt 75.000 Zuschauer kommen, wodurch pro Heimspiel Einbußen in Millionenhöhe auf den Verein zukämen.

Auch der ehemalige Nationalspieler Dietmar Hamann bezieht klar Position. "Joshua Kimmich muss wissen, wer ihn bezahlt. Er hat die Mannschaft geschwächt.", kommentiert der Sky-Experte.

Mit Materialien der dpa

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Corona im Fußball: Kein Geld für Kimmich & Co. . In: Legal Tribune Online, 22.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46717/ (abgerufen am: 30.01.2023 )

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