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Sechs Parteien, ein Versprechen: Was im "Fair­ness-Abkommen" für den Wahl­kampf steht

23.12.2024

Merz und Scholz

Auch die Parteien des Bundeskanzlers und seines aktuellen Umfragen nach größten Konkurrenten haben sich dem Fairness-Abkommen unterworfen. Foto: picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMON

Während sich der Bundestagswahlkampf anbahnt, wollen sechs Parteien den politischen Kurs versachlichen. Mit einem "Fairness-Abkommen" verpflichten sich SPD, CDU, CSU, Grüne, FDP und Linke, ihre Wahlkampfrhetorik auf Respekt zu gründen.

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Der Bundestagswahlkampf 2025 rückt näher, der politische Wettstreit um die besten Argumente nimmt Fahrt auf. Sechs der wichtigsten Parteien in Deutschland – SPD, CDU, CSU, Grüne, FDP und Linke – haben sich auf ein sogenanntes Fairness-Abkommen geeinigt. Dieses Abkommen soll gewährleisten, dass der Wahlkampf respektvoll, sachlich und ohne Desinformation geführt wird. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat sich dagegen entschieden, an dem Abkommen teilzuhaben. Die AfD wurde nicht gefragt.

Im Mittelpunkt des Abkommens, das LTO vorliegt, steht der Grundsatz, dass der Wahlkampf von der Kraft der Argumente und nicht von der Schärfe der Angriffe leben soll. Die Parteien verpflichten sich, "persönliche Herabwürdigungen oder Angriffe auf das persönliche oder berufliche Umfeld von Politikerinnen und Politikern" zu vermeiden. Des Weiteren wird festgehalten: "Desinformationen ("Fake News") sind bewusst falsche Tatsachenbehauptungen, die zum Ziel haben, eine Partei oder ein politisches Konzept verächtlich zu machen." Solche falschen Informationen sollen im Wahlkampf weder genutzt beziehungsweise weiter verbreitet werden, wenn sie zum Beispiel von Dritten stammen.

Ein weiteres zentrales Ziel des Abkommens ist es, "irreführende Formulierungen" zu vermeiden, die demokratische Parteien im Mitte-Rechts-Spektrum fälschlicherweise mit rechtsextremen Parteien gleichsetzen könnten. Auch "Misinformation" – also nachgewiesene, wenn auch unbeabsichtigt fehlerhafte Berichterstattung von Medien oder Dritten – soll nicht für Wahlkampfzwecke genutzt werden. Stattdessen wird betont, dass alle Informationen und Botschaften nachvollziehbar und "im Wahlwerbemittel klar erkennbar" als Absender einer politischen Partei zugeordnet werden müssen, um Täuschungen durch Fake-Accounts oder falsche Identitäten zu verhindern.

Das Abkommen soll auch die Wahlkämpfer vor physischer Gewalt schützen. So heißt es: "Die Sicherheit von wahlkämpfenden Parteimitgliedern, etwa beim Hängen von Plakaten oder an Wahlkampfständen, war zuletzt immer wieder gefährdet. Selbstverständlich verurteilen wir jede Gewalt in der politischen Auseinandersetzung." Konkret wird festgelegt, dass "Plakate politischer Konkurrenten nicht zerstört, beschädigt, ab- oder umgehängt werden dürfen."

Digitaler Wahlkampf und KI-Nutzung

Im digitalen Bereich spielt künstliche Intelligenz (KI) eine immer größere Rolle. Das Abkommen stellt klare Regeln für deren Nutzung auf. So wird festgelegt: "Wir kennzeichnen Bild-, Video- oder Tonmaterial, das von KI-Systemen generiert wurde, unmissverständlich, unübersehbar und untrennbar mit dem Inhalt verbunden mit dem Label 'KI-generierter Inhalt'". Zudem verpflichtet das Abkommen die Unterzeichner dazu, "Deepfake-Technologien nicht zu nutzen, um politischen Mitbewerbern Aussagen in den Mund zu legen, die sie nicht tatsächlich getätigt haben."

Besondere Aufmerksamkeit liegt auch dem Umgang mit persönlichen Daten. Es wird festgehalten, dass "wir kein (Micro-)Targeting auf Basis sensibler Daten wie religiöser Zugehörigkeit oder sexueller Identität durchführen" und stattdessen "auf übergeordnete soziodemografische Merkmale zur zielgruppenspezifischen Ansprache von Wählerinnen und Wählern" zurückgegriffen wird.

Ein zentrales Anliegen des Abkommens ist die Wahrung der Integrität und Transparenz in der politischen Kommunikation. Die Parteien bekennen sich zu der Verpflichtung: "Wählerinnen und Wähler müssen wissen, wer ihnen mit welchem Ziel Informationen präsentiert, und sich darauf verlassen können, dass Informationen, die sie in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen, wahr sind." In diesem Zusammenhang verpflichtet sich jede Partei, "jeglichen extremistischen Äußerungen entgegenzutreten, die diskriminierende, rassistische, antisemitische oder auf sonstige Weise herabwürdigende, menschenverachtende oder gewaltverherrlichende Sprache verwenden."

Ein weiterer wichtiger Punkt des Abkommens betrifft die Haltung gegenüber extremistischen Parteien. Es heißt ausdrücklich: "Mit der AfD und mit Parteien, die nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen, wird es keinerlei Zusammenarbeit geben."

Wahlkampf ohne große Vorbereitung

Dass der Wahlkampf kürzer als sonst wird, liegt daran, dass sehr wahrscheinlich schon am 23. Februar 2025 statt erst im September 2025 gewählt wird. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird am 27. Dezember verkünden, ob er nach der verlorenen Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Bundestag auflöst und eine Neuwahl ansetzt. Das teilte er in Berlin mit. Vorgesehen als Neuwahltermin ist von den Parteien bislang der 23. Februar 2025. Der Bundestag kann sich aber nicht selbst auflösen. Die Entscheidung hierüber liegt nach Art. 68 Abs. 1 S. 1 des Grundgesetzes (GG) beim Bundespräsidenten.

Scholz hatte am vergangenen Montag im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und die Abstimmung hierüber – wie gewünscht – verloren. Daraufhin schlug er dem Bundespräsidenten vor, den Bundestag aufzulösen und damit eine Neuwahl zu ermöglichen. Laut Art. 68 Abs. 1 S. 1 GG kann der Bundespräsident dies innerhalb von 21 Tagen tun.

xp/LTO-Redaktion

Mit Material von dpa

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Sechs Parteien, ein Versprechen: . In: Legal Tribune Online, 23.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56181 (abgerufen am: 15.11.2025 )

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