Wegen Forderungen gegen Facebook: Rechts­an­walt lässt bei* CDU und SPD pfänden

23.07.2019

Weil Facebook die Gerichtskosten für einstweilige Verfügungen nicht bezahlte, pfändet ein Hamburger Rechtsanwalt kurzerhand bei Schuldnern des Netzwerks*. Hier: den Regierungsparteien. Eine ganz normale Zwangsvollstreckungsmaßnahme?

Der Hamburger Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel hat sich einen Namen damit gemacht, Ansprüche von auf Facebook gesperrten oder beleidigten Personen gegen den Tech-Giganten durchzusetzen. Ein besonderer Dorn im Auge ist ihm das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das die Große Koalition im Jahr 2017 verabschiedete. Den beiden Regierungsparteien will der selbsternannte Kämpfer für die Meinungsfreiheit nun ein Schnippchen schlagen.

Steinhöfel vertritt u.a. einen Unternehmer aus Nordrhein-Westfalen, der Mitglied der CDU ist. Einer seiner Posts auf Facebook war gelöscht und sein Account von der Plattform für 30 Tage gesperrt worden. Steinhöfel erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen das Netzwerk. Die Gerichtskosten versäumte das Silicon-Valley-Unternehmen allerdings zu zahlen.

In einem zweiten Fall geht Steinhöfel in eigener Sache vor, da er auf Facebook von einem anderen Nutzer beleidigt worden war und Facebook seiner Aufforderung, den Post zu löschen, nicht nachkam. Auch hier erwirkte er eine einstweilige Verfügung, auch hier zahlte Facebook nicht.

Ganz normale Zwangsvollstreckung mit Pointe

Was er dann unternahm, ist gängige Praxis bei der Zwangsvollstreckung, hat aber in diesem Fall eine ganz besondere Pointe. Statt eine Zwangsvollstreckung in Irland anzustrengen, wo Facebook seinen europäischen Unternehmenssitz hat, ging der Anwalt einen anderen Weg: Steinhöfel wandte sich direkt an die Schuldner von Facebook, um Forderungen des Unternehmens gegen diese zu pfänden und sich überweisen zu lassen. In diesem Fall aber wählte er die Parteien CDU und SPD aus. 

"CDU und SPD werben für sechsstellige Beträge jährlich bei Facebook" erklärte Steinhöfel seinen Einfall gegenüber LTO. Er erwirkte also einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfüB) nach § 829 Zivilprozessordnung (ZPO), der den Parteien nun zugestellt wird. Hat Facebook wirklich Forderungen gegen sie, müssen sie das Geld an Steinhöfel zahlen. Eine Stellungnahme der Parteien war dazu am Dienstag noch nicht zu bekommen.

"Der PfüB ist ein klassisches Instrument der Zwangsvollstreckung", sagt Steinhöfel. Das ist zwar richtig, allerdings hätte der Jurist sich auch an jeden anderen denkbaren Schuldner des Tech-Konzerns wenden können.  Dem Anwalt geht es aber um eine politische Botschaft: "Das sind die Parteien, die für das unsägliche NetzDG verantwortlich sind. Ich habe genau aus diesem Grund die Forderungen auf den Konten von SPD und CDU beschlagnahmt." Seine Freude über den eigenen Coup mag er gegenüber LTO nicht verhehlen und zitiert den Blog Die Achse des Guten, für den er auch selbst Artikel schreibt. Der Blog schrieb:"'Steinhöfels Aktion ist in jedem Fall die schönste Kombination von Humor und Rechtsstaat, seit es das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gibt". Steinhöfel findet, "das trifft es doch ganz gut."

Eine einmalige Sache sollen derartige Pfändungsbeschlüsse gegen politische Parteien im Übrigen nicht bleiben, kündigt Steinhöfel an: "Die CSU bekommt heute auch noch einen Liebesbrief".

mam/LTO-Redaktion

*Korrigiert am Tag der Veröffentlichung, 16:41 Uhr: Es wurden nicht die Konten von CDU und SPD gepfändet, sondern Forderungen von Facebook gegen die Parteien sollen gepfändet und an Steinhöfel überwiesen werden. 

Zitiervorschlag

Wegen Forderungen gegen Facebook: Rechtsanwalt lässt bei* CDU und SPD pfänden . In: Legal Tribune Online, 23.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36645/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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