EuGH zur Europawahl: Wahl­recht darf auf Lebens­zeit aber­kannt bleiben

06.10.2015

Nach altem französischem Recht ist Schwerverbrechern bis zu ihrem Lebensende die Teilnahme an Wahlen versagt. Zwar gibt es in Frankreich inzwischen mildere Gesetze. Frühere Verurteilte können sich hierauf aber nicht berufen, entschied der EuGH.

Mitgliedstaaten dürfen gegenüber verurteilten Bürgern an alten Regelungen festhalten, wodurch diesen das Recht auf Teilnahme an Wahlen zum Europäischen Parlament lebenslang aberkannt worden ist (Europäischer Gerichtshof, EuGH, Urt. v. 06.10.2015, Az. C-650/13).

Die nun vom EuGH zu beurteilende Regelung war in Frankreich bis zum 1. März 1994 in Kraft. Sie sah vor, dass Verurteilte, die rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt wurden, automatisch vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen wurden. Dies galt und gilt für die Betroffenen nach wie vor auch für Wahlen zum Europäischen Parlament. Allerdings besteht die Möglichkeit, durch Antrag diese Rechte wieder zu erlangen.

Ein französischer Staatsangehöriger, der 1988 mit einer zwölfjährigen Haftstrafe belegt worden war, klagte vor einem Gericht in Bordeaux. Denn in Frankreich ist die alte, strenge Regelung längst durch eine mildere abgelöst worden. Der Verlust des aktiven Wahlrechts tritt für Verurteilte nun nicht mehr automatisch ein, sondern nur auf Anordnung eines Gerichts – und maximal für zehn Jahre. "Altfälle" wie der Kläger sollen sich auf diese Regelungen aber nicht berufen dürfen. Das hat das Gericht in Bordeaux bewogen, den EuGH zu befragen, ob dies unionsrechtskonform ist.

Die Luxemburger Richter entschieden, dass diese lebenslang geltende Einschränkung des Grundrechts eines Unionsbürgers auf Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament zulässig, weil verhältnismäßig sei. Sie stehe im Einklang mit der Art und der Schwere der begangenen Straftrat sowie der Dauer der Strafe.  Außerdem könnten die Betroffenen beantragen, den Verlust der bürgerlichen Rechte aufzuheben. Da der Kläger vor Inkrafttreten der aktuellen Regelungen bereits rechtskräftig verurteilt worden war, komme ihm auch nicht die Regel der Rückwirkung des milderen Strafgesetzes zugute, so die Richter.

Damit urteilte der EuGH, dass Frankreich nicht verpflichtet ist, früheren Verurteilten ihre bürgerlichen Rechte aufgrund der aktuellen Rechtslage wieder einzuräumen.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zur Europawahl: . In: Legal Tribune Online, 06.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17110 (abgerufen am: 10.12.2024 )

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