Die EU darf das Vermögen des in Saudi-Arabien lebenden Yassin Abdullah Kadi nicht einfrieren. Die UN hatte den Mann 2001 auf eine Terrorliste gesetzt. Es sei nicht ausreichend bewiesen, dass er tatsächlich in terroristische Aktivitäten verstrickt ist, so der EuGH am Donnerstag. Die Luxemburger Richter bestätigten damit ihre Rechtsprechung, dass die Aufnahme in eine Terrorliste gerichtlich voll überprüfbar ist.
Eine Reihe von Resolutionen des Sicherheitsrats verpflichtet alle Mitgliedstaaten der UN, Gelder und andere finanzielle Vermögenswerte von Personen oder Organisationen, die mit Osama bin Laden, Al-Qaida oder den Taliban in Verbindung stehen, einzufrieren. Um diese Resolutionen umzusetzen, führt die EU eine Terrorliste mit den Namen der betreffenden Personen. Diese wiederum wird regelmäßig an eine entsprechende Liste der UN angepasst.
2008 stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit dem Urteil "Kadi I" fest, dass die Handlungen der EU grundsätzlich umfassender gerichtlicher Kontrolle unterliegen - auch dann, wenn es um die Umsetzung von UN-Resolutionen geht. Die Verordnung, mit der der Name von Kadi in die Terrorliste aufgenommen worden war, erklärten die Luxemburger Richter damals für nichtig, weil sie gegen die Verteidigungsrechte und das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz verstoße. Dem Mann waren nämlich keine der ihm zur Last gelegten Umstände, nicht einmal die Gründe für seine Aufnahme in die Liste, mitgeteilt worden.
Aufnahme in Terrorliste gerichtlich voll überprüfbar
Auf dieses Urteil hin übersandte die EU-Kommission Kadi die ihr von der UN übermittelte Begründung für seine Aufnahme in die Liste und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Kadis Name blieb anschließend aufgrund einer neuen Verordnung auf der Terrorliste. Dagegen wehrte sich der Mann erneut gerichtlich, womit er bereits in der ersten Instanz Erfolg hatte. Das Gericht der Europäischen Union erklärte die neue Verordnung für nichtig. Die Begründung der UN für die Aufnahme Kadis auf die Terrorliste erschien den Richtern insgesamt zu vage.
Die Kommission, der Rat und Großbritannien haben diese Entscheidung nun erfolglos vor dem EuGH angefochten. Dem Betroffenen müsse mitgeteilt werden, warum sein Name auf eine Terrorliste gesetzt wird. Zwar sei der überwiegende Teil der Gründe, die gegen Kadi vorliegen, hinreichend präzise und konkret, um eine sachdienliche Ausübung der Verteidigungsrechte und eine gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Aufnahme in die Terrorliste zu ermöglichen. Allerdings sei nicht bewiesen worden, dass Kadi in den internationalen Terrorismus verwickelt sei. Er selbst hatte dies stets entschieden zurückgewiesenen. Die EU darf seinen Namen mithin nicht auf der Terrorliste belassen.
Der EuGH bestätigte mit seinem Urteil, dass die EU Personen, die sie auf eine Terrorliste setzt, zumindest die Begründung der UN dafür übermitteln muss. Zudem müsse die EU dem Betroffenen ermöglichen, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Auf dieser Grundlage müsse die EU anschließend eigenständig prüfen, ob der Name zu Recht auf eine Terrorliste gesetzt werden darf. Es sei nicht Sache des Betroffenen, den negativen Beweis zu erbringen, dass die Begründung der UN nicht stichhaltig ist.
cko/LTO-Redaktion
EuGH zu Terrorlisten: . In: Legal Tribune Online, 19.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9173 (abgerufen am: 13.12.2024 )
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