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EuGH zu fehlerhaften Herzschrittmachern: Einer schadhaft, alle schadhaft

05.03.2015

Reicht ein bloßer Verdacht aus, die Produkthaftung auszulösen? Ja, entschied der EuGH im Falle eines Unternehmens, das in Deutschland Herzschrittmacher vertreibt. Habe ein medizinisches Gerät einen potenziellen Fehler, könnten alle Produkte desselben Modells als fehlerhaft eingestuft werden.

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Im dem Verfahren ging es um drei Patienten in Deutschland, die ihre Herzschrittmacher oder ein vergleichbares Gerät austauschen ließen. Zuvor hatte die Firma, die die Geräte vertrieb, den Austausch empfohlen und kostenlose Ersatzgeräte zur Verfügung gestellt. Tests hatten ergeben, dass ein Ausfall der Geräte deutlich wahrscheinlicher war als bei vergleichbaren Produkten. Die Krankenkassen AOK Sachsen-Anhalt und Betriebskrankenkasse RWE verlangten daraufhin die Erstattung der Kosten im Zusammenhang mit den Eingriffen und verklagten die Boston Scientific Medizintechnik GmbH.

Der Fall landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Die Rechtsprechung der Instanzgerichte darüber, ob der bloße Verdacht eines Fehlers zur Produkthaftung führen könne, war bis dahin uneinheitlich. Mit der Frage, ob die ausgetauschten Geräte im vorliegenden Fall als fehlerhaft eingestuft werden können, obwohl speziell bei diesen Geräten kein Fehler festgestellt wurde, sondern lediglich ein Fehlerverdacht vorlag, wandten sich die Karlsruher Richter an den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Wenn ein potenzieller Fehler bei einem Gerät gefunden werde, könnten alle Produkte dieses Modells als fehlerhaft eingestuft werden - ohne dass der Fehler in jedem Einzelfall nachgewiesen werden muss, entschied der EuGH (Urt. v. 05.03.2015, Az. C-503/13 und C-504/13). Die Luxemburger Richter betonten in ihrem Urteil, dass medizinische Geräte wie Herzschrittmacher oder Defibrillatoren besonders hohen Sicherheitsanforderungen unterliegen, weil die Patienten besonders verletzlich seien. Der Hersteller müsse daher nach der EU-Richtlinie über fehlerhafte Produkte für den Austausch haften.

Darüber hinaus stellt der Gerichtshof klar, dass es sich bei den Kosten im Zusammenhang mit dem Austausch der Herzschrittmacher, der auf die vom Hersteller selbst ausgesprochenen Empfehlungen zurückgeht, um einen Schaden handelt, für den der Hersteller nach der Richtlinie haftet.

dpa/age/LTO-Redaktion

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EuGH zu fehlerhaften Herzschrittmachern: Einer schadhaft, alle schadhaft . In: Legal Tribune Online, 05.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14860/ (abgerufen am: 25.03.2023 )

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