EuG weist Klage gegen Europol ab: Kein Scha­dens­er­satz für Mord­ver­däch­tigen

29.09.2021

In der slowakischen Presse tauchten nach Mordermittlungen von Europol und nationalen Behörden Informationen über den Verdächtigen M. Kočner auf. Er zog deswegen bis vor das EuG, blieb aber erfolglos.

Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat eine Klage des Mordverdächtigen Slowaken M. Kočner gegen Europol abgewiesen. Kočner habe nicht nachweisen können, dass die Veröffentlichung seiner persönlichen Daten durch die slowakische Presse sowie die angebliche Aufnahme seines Namens in die "Mafia-Liste" Europol zuzurechnen ist (Urt. v. 29.09.2021, Rs. T-528/20).

Nach der Ermordung des slowakischen Journalisten J. Kuciak und dessen Verlobter am 21. Februar 2018 in der Slowakei hatten die slowakischen Behörden umfangreiche Ermittlungen durchgeführt. Dabei sicherte die Agentur der Europäischen Union für die  Zusammenarbeit  auf  dem  Gebiet  der  Strafverfolgung  (Europol) Daten von  zwei  Mobiltelefonen und einem USB-Speichermedium von Kočner. Europol gab daraufhin den slowakischen Behörden einen Bericht über diese Daten weiter. Die slowakischen Presse veröffentlichte später sehr umfangreiche Informationen, insbesondere Transkripte von  privaten Gesprächen, die von den Mobiltelefonen stammten.

Dagegen erhob Kočner  beim EuG Klage. Er beantragte, Europol zur Zahlung eines Betrags von 100.000 Euro als Ersatz des immateriellen  Schadens  zu  verurteilen,  der  ihm durch  die  Verletzung   seiner   Ehre,   seines   beruflichen   Ansehens   und   seines   Rechts   auf   Privat- und Familienleben entstanden sei. Europol habe gegen seine Verpflichtungen im  Bereich des Datenschutzes verstoßen. Zum einen, weil Europol Informationen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht  habe,  noch  bevor  die  genannten  wissenschaftlichen  Berichte  den  slowakischen  Behörden  übermittelt  worden  seien. Zum anderen, weil Europol seinen Namen in die angebliche "Mafia-Liste" aufgenommen habe.

Unklar, ob "Mafia-Liste" existiert

In seinem Urteil hat das  Gericht  zunächst  drei Voraussetzungen für die außervertragliche  Haftung  der  Union  für  Schäden aufgestellt:  Das Verhalten der Agentur muss rechtswidrig sein, ein Schaden muss bestehen und er muss mit dem Verhalten kausal zusammenhängen.

Die Voraussetzungen liegen laut Pressemitteilung des EuG im Fall Kočner aber nicht vor. Das Gericht habe festgestellt, dass tatsächlich sowohl Europol als auch die slowakischen Behörden über die persönlichen Daten von Kočner verfügten, als diese von der Presse veröffentlicht wurden. Auch hätten die Informationen Europol nie in entschlüsselter Form zu Verfügung gestanden. Erst die slowakischen Behörden hätten die Daten entschlüsselt und verständlich gemacht.

Damit sind die Beweise für ein schädliches Verhalten von Europol für das EuG nicht ausreichend gewesen. Außerdem sei ungeklärt, ob eine "Mafia-Liste" von Europol überhaupt existiere. Medien haben bereits in der Vergangenheit Herr Kocner als "mafiös" bezeichnet. Ein Zusammenhang mit Europol hat das Gericht nicht sehen können.

cp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuG weist Klage gegen Europol ab: Kein Schadensersatz für Mordverdächtigen . In: Legal Tribune Online, 29.09.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46148/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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