Generalanwalt zur Haftung von Fluglinie: Air­line soll für Unfall mit heißem Kaffee bezahlen

26.09.2019

Ein Becher Kaffee kommt im Flugzeug ins Rutschen und ergießt sich über eine Sechsjährige, die dadurch Verbrühungen erleidet. Nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts haftet die Fluglinie für die Verletzung.

Ein Becher Kaffee schwappt während eines Fluges über eine Sechsjährige und ergießt sich über Arme oder Beine. Durch den sehr heißen Kaffee erleidet sie Verbrühungen, später fordert sie Schadensersatz von der Fluglinie. Ob ihr ein solcher Anspruch zusteht, wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) bald entscheiden. Der Generalanwalt Henrik Saugmandsgard Øe vertritt in seinen Schlussanträgen zu der Sache die Auffassung, dass die Fluglinie zahlen muss (Rechtssache C-532/18).

Im konkreten Fall geht es um eine Sechsjährige, die 2015 mit der mittlerweile insolventen Fluglinie Niki mit ihrer Familie von Mallorca nach Wien flog. Etwa eine Stunde nach dem Start servierte eine Flugbegleiterin Getränke. Zu diesem Zeitpunkt lehnte sich das Mädchen über die Armlehne an seinen Vater an. Der Vater nahm von der Flugbegleiterin einen deckellosen Becher mit frisch gebrühtem heißen Kaffee entgegen, den er auf dem am Vordertisch befestigten Klapptisch abstellte. Als er noch nach Milch fragte, geriet der Becher ins Rutschen, der Kaffee ergoss sich über die Brust seiner Tochter. Sie erlitt dabei Verbrennungen zweiten Grades auf etwa zwei bis vier Prozent der Körperoberfläche. Dabei handelt es sich um mittelschwere Verbrennungen, bei denen Narben zurückbleiben können.

Der mit dem Fall befasste Oberste Gerichtshof in Österreich hatte den Fall den Luxemburger Richtern vorgelegt. Nach dem Übereinkommen von Montreal, das integraler Bestandteil des Unionsrechts ist, hat die Airline bei Körperverletzungen und Tod nur dann Schadensersatz zu leisten, wenn sich der Unfall an Bord oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat. Das österreichische Gericht will vom EuGH wissen, ob das schädigende Ereignis dabei auf einem für die Luftfahrt typischen oder mit ihr zusammenhängenden Risiko beruhen muss.

In seinen Schlussanträgen schlägt der Generalanwalt dem EuGH vor, diese Frage mit nein zu beantworten. Seiner Ansicht nach wäre es für den Geschädigten übermäßig schwierig, das Vorliegen eines für die Luftfahrt typischen Risikos oder eines Kausalzusammenhangs mit der Luftfahrt nachzuweisen. Über die technischen Daten zum Flugverkehr oder -betrieb verfüge nämlich nur das Luftfahrtunternehmen selbst. Zudem würde die im Abkommen von Montreal vorgesehene Schadensersatzpflicht anderenfalls weitgehend ihres Inhalts beraubt, so der Generalanwalt. Eine Haftung sei sonst nur auf Fälle auf schwerste Störungen im Luftverkehr wie starke Turbulenzen oder Absturz des Flugzeugs beschränkt.

Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet. Die Einschätzung des Generalanwalts ist für die Richter am EuGH nicht bindend. In vielen Fällen folgen sie ihr aber.

acr/LTO-Redaktion

mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Generalanwalt zur Haftung von Fluglinie: . In: Legal Tribune Online, 26.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37849 (abgerufen am: 13.12.2024 )

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