Generalanwalt zu verspäteten Umsteigeflügen: Spa­ni­sche Air­line kann in Deut­sch­land ver­klagt werden

19.10.2017

Laut Generalanwalt können deutsche Gerichte auch dann zuständig sein, wenn der verspätete Flug gar nicht in Deutschland stattgefunden hat, der Anschlussflug nach Deutschland aber wegen einer Verspätung verpasst wurde.

Bei Flugreisen aus mehreren Teilstrecken und Umsteigeflügen sind Verspätungen oft doppelt ärgerlich. Wer Pech hat, verpasst nach der ersten Verspätung auch seinen Anschlussflug und kann erst deutlich später den Flug Richtung Heimat antreten. So geschehen in zwei Fällen, die den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zurzeit beschäftigen (Az. C-274/16 und C-448/16).

Passagiere in Deutschland hatten bei Air Berlin beziehungsweise bei Iberia Spanienflüge mit mehreren Teilstrecken gebucht. Die jeweils erste Verbindung auf dem Weg nach Deutschland, ein spanischer Inlandsflug, wurde nicht von diesen Fluggesellschaften selbst, sondern von deren spanischem Partner Air Nostrum abgewickelt. Da dieser erste Flug verspätet war, verpassten die Gäste ihre Anschlüsse und kamen mit bis zu 13 Stunden Verspätung in Deutschland an. Sie wollen nun von Air Nostrum eine Ausgleichszahlung.

Streitig war aber, ob die deutschen Gerichte für die Klagen gegen Air Nostrum überhaupt international zuständig sind. Die Fluglinie hat ihren Sitz in Spanien, hat lediglich eine rein innerspanische Teilstrecke durchgeführt und ist zudem nicht Vertragspartner der Fluggäste, die ihre Flüge bei Air Berlin bzw. Iberia gebucht hatten. Sowohl das Amtsgericht (AG) Düsseldorf und der Bundesgerichtshof (BGH) hatten den EuGH um Auslegung des EU-Rechts ersucht.

Ansprüche aus Vertrag auch gegen Airline, mit der man keinen Vertrag hat

In seinen am Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen bejaht Generalanwalt Michal Bobek die Zuständigkeit deutscher Gerichte. Sowohl der Abflugsort der ersten Teilstrecke (Spanien) als auch der Ankunftsort auf der zweiten Teilstrecke (Deutschland) seien bei einer Klage gegen die spanische Airline Erfüllungsort im Sinne des Erfüllungsgerichtsstandes.

Zudem umfasse der Begriff "Ansprüche aus einem Vertrag" aus der Fluggastrechte-Verordnung Nr. 261/2004 auch das ausführende Luftfahrtunternehmen, mit dem der Fluggast eigentlich keinen Vertrag geschlossen hat. Die durch den Wunsch des Fluggasts definierte Gesamtdienstleistung und der dementsprechend abgeschlossene Beförderungsvertrag müssen laut Generalanwalt dieselben bleiben - ungeachtet dessen, welche und wie viele "Unterauftragnehmer" das vertragschließende Luftfahrtunternehmen zur Erbringung der Dienstleistung auswähle. Ein Urteil wird in einigen Wochen erwartet.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Generalanwalt zu verspäteten Umsteigeflügen: Spanische Airline kann in Deutschland verklagt werden . In: Legal Tribune Online, 19.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25125/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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